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ward Domenichino sein Vorbild. Es ist sehr bezeichnend und
war eine nothwendigß Folge Seine? ganzen bisherigen Bildung,
dass Poussin den durch Ernst der Gesinnung und Gewissenhaf-
tigkeit des Studiums ausgezeichneten Domenichino allen übrigen
Künstlern vorziehen musste, die gleichzeitig in Rom lebten In
seiner iAccademiaß arbeitete er, bis Domenichino seine verhäng-
nissvolle Reise nach Neapel antrat; in dem Streite der Anhänger
Guido's und Domenichinds stand er immer auf Seiten des Letz-
teren, obschon der grösste Theil der jüngeren KüllStler sich der
glänzenden und bestechenden Weise Guido's zuwendete; Dome-
nichinds Bild derzKommunion des h. Hieronymus stand Poussin
nicht an, der Transfiguration RafaePs an die Seite zu setzen.
Mitten unter dieser vielseitigen Thätigkeit hatte Poussin mit
mancher Missgunst des Schicksals zu kämpfen; pekuniärer Man-
gel trat ein; dazu kam eine, nach Passeri vielleicht selbst ver-
schuldete Krankheit. Ein Franzose, Giacomo Dughet, nahm sich
seiner an und liess ihn in seinem Hause verpilegen. Poussin
heirathete, wie es scheint aus Dankbarkeit, seine Tochter, ohne
dadurch aus äusserer Noth herauszukommen. Ja, es mögen noch
andere Sorgen hinzugekommen sein; im Anfang der dreissiger
Jahre sehen wir den Künstler in grosser Bedrängniss (Nr. 65).
Da fand Poussin Zuflucht und Hülfe bei einem der angesehensten
Männer der vornehmen römischen Gesellschaft, bei dem Ritter
und Komthur Cassiano de] Pozzo. Das Leben dieses Mannes ist
in den Erläuterungen zu dem nachfolgenden Briefe (Nr. 65) be-
schrieben. Hier genüge die Bemerkung, dass derselbe von nicht
geringerem Einfluss auf die Gestaltung von Poussin's späteren
Lebensverhältnissen gewesen ist, als Courtois und Marini für
dessen frühere Entwickelung. Einmal nämlich hielt er Poussin
in seiner Bedrängniss durch seine Theilnahme aufrecht, die sich
sowohl in direkten Unterstützungen, als auch in der Vermitte-
lllng künstlerischer Aufträge bekundete. So hat er ihm das Bild
des h. Erasmus in S. Peter verschafft, für welches Poussin, wenn
anders seiner Aeusserung bei Passeri Glauben zu schenken ist,
allerdings kein Honorar erhalten hatte. Von grösserer Bedeu-
tung aber wurde ein Werk, das ihm Cassiano auftrug und das
den Ruhm des Künstlers fest begründete. Es waren dies die
Bilder, in denen Poussin die sieben Sakramente darstellte und
die ein so grosses Aufsehen erregten, dass sich Cassiano in
Seinem eigenen Hause kaum vor der Menge der Besucher Zu
retten Wusste, die jene Bilder bewundern wollten (Nr. '72. 75).
Ist dieser treffliche Mann so zum Schöpfer von Poussin's Glück