sich noch heut durch eine überwiegende Schärfe des Verstandes
auszeichnen. Er hat diesen Charakter seiner Kompatrioten in
der Kunst redlich vertreten und ist, selbst mitten in dem Leben
Ronfs, dem heimischen Sinne stets treu geblieben. Ursprünglich
zu den Wissenschaften bestimmt, zog er es bald vor seine Bü-
cher mit Bildern, statt mit schriftlichen Arbeiten auszufüllen.
Der Vater, um sich keine unnütze Kosten für die gelehrte Er-
ziehung des Sohnes zu machen, gab ihn zu Quintin Varin in die
Schule, einem Maler, den wir schon früher kennen gelernt haben
und der sich zum Glücke Poussin's auf einer seiner Reisen in
Andelys befand. Poussin verdankte dem Lehrer sehr viel;
Frankreich verdankt ihm, wie Pointel sagt, Poussin. Nachdem
er so den ersten Grund zur Kunst gelegt, trieb ihn ein unwider-
stehlicher Drang nach Wissen und Erweiterung seiner Erfah-
rung in die Welt. Ohne Vorwissen der Eltern verlicss er die
Heimath und zog gen Paris. In dem grossartigen Treiben dieser
Stadt waren es namentlich zwei Persönlichkeiten, die einen
entscheidenden Einfluss auf die Gestaltung seines Charakters
und seines Schicksals gewannen; Courtois und Marini. Courtois
war einer der angesehensten Mathematiker seiner Zeit. Er stand
in Königlichen Diensten und hatte seine Wohnung im Louvre.
Seine Bekanntschaft war für Poussin um so wichtiger, als er ein
grosser Kunstfreund war und sich im Besitz einer bedeutenden
Sammlung von Kupferstichen befand. So war ausser dem Ein-
fluss, den dasWesen eines solchen Mannes und die Berufswissen-
schaftdesselben aufdenjungen Künstler ausüben musste- Poussin
hat sich auch später noch immer mit Vorliebe mit Perspektive
und Optik beschäftigt, die auf mathematischen Gesetzen be-
ruhen demselben zu gleicher Zeit reicher Anlass zu künst-
lerischen Studien geboten. Hier lernte Poussin den Rafael ken-
nen, der sein zweiter Lehrer wurde, wie später die Antike seine
dritte Schule. Nicht minder wichtig und folgenreich wurde für
Poussin die Bekanntschaft mit Giovanni Batista Marini, den wir
schon früher als den Freund vieler Künstler kennen gelernt haben
und der sich zu derselben Zeit in Paris aufhielt. Marini ist ein
Dichter, in dessen Werken mehr Reflexion und Absichtlichkeit
vorherrschen, als tiefes Gefühl und Empfindung. Namentlich
zeigt sein grosses Gedicht ßAdonisa jene Eigenschaften und 8e-
rade dieses war es, zu dessen einzelnen Scenen Poussin ihm
Zeichnungen zu entwerfen hatte. Marini gab in seiner Weise
die Motive der Bilder genau an kein Wunder, dass der Junge
Künstler in jene sinnende, überlegende, vspekulirender- Richtung