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war er allem Edelen in der Kunst abgeneigt. Leidenschaft-
lich, düster und wüst von Charakter war es vor Allem die Ge-
Wall; düstrer Stimmung, die er in seinen Werken auszudrücken
liebte, wenn er überhaupt auf einen solchen Eindruck, und nicht
vielmehr auf die blosse Reproduktion der Natur hinarbeitete.
Immer aber griff er die niedrige, hässliche und gemeine Seite der
Erscheinung mit Vorliebe heraus. In seinem Kolorit lasst er
sich durch eben diesen düstern Sinn zur Anwendung der här-
testen und schärfsten Kontraste verführen. Die Figuren heben
sich von dem fast immer schwarz gehaltenen Hintergrunde
schneidend ab; es ist, wie Lanzi einmal sagt, als ob sich seine
Figuren alle in einem Kerker bewegten. Und in der That, das
Nächtliche ist sein eigentliches Element. Nicht blos in der
Farbengebung, sondern auch in der ganzen Stimmung der
Werke herrscht dasselbe vor. Auch hier sind es überall die
Nacht- und Schattenseiten der menschlichen Natur, die er her-
vorkehrt. Diese, gleichviel, 0b zu künstlerischer Geltung be-
rechtigt, oder nicht, werden immer eine grosse und unmittel-
bare Gewalt auf den Beschauer ausüben, und es ist in der That
noch jetzt schwer, sich der Wirkung derartiger Bilder ganz zu
entziehen. Der Tod der Maria im Louvre z. B. ist ein Werk
reich an Widerwärtigkeiten aller Art. Mit geschwollenem Leibe,
gleich einer Ertrunkenen, die blossen Füsse in unedelster Weise
dem Beschauer entgegengestreckt, liegt die heilige Jungfrau da.
Die Wirkung ist eine unangenehme, abschreckende; aber sie ist
da, und es ist auch nicht zu leugnen, dass an einigen der Apostel-
Figuren sich eine tief ergreifende Gewalt der Leidenschaft bekun-
det. Der Kampf gegen ein Extrem in der Kunst ruft naturge-
Inäss das andere Extrem hervor. Kein WVunder übrigens, dass
diese Kunstweise einen grossen Erfolg hatte. Die obengenann-
ten Künstler ehrten das wirkliche Talent in Caravaggiv, den
Fortschritt, den er zu einer wahren und realen Darstellung ge-
than. Auf die grosse Masse aber musste namentlich das Düstere,