Volltext: Kunst und Künstler des siebzehnten Jahrhunderts (Bd. 2)

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Bildung; dieselbe Stellung gegenüber dem fürstlichen Rubens, wie 
sie Correggio gegenüber Rafael, Tizian und Michel Angelo ein- 
nahm. Dieser Gegensatz mag hier genügen, um uns Rembrandts 
Persönlichkeit näher zu rücken. Rubens war ein Freund Seiner 
Fürsten, an deren Wirkungskreis und Ehren er Theil hatte, er 
selbst ein Fürst unter den Künstlern; Rembrandt ist nichts als 
ein einfacher Bürger einer erst kürzlich aus geistiger Kraft her- 
vorgegangenen Republik; in kleinen und engen Verhältnissen 
bethätigt er dies bürgerliche Bewusstsein; in seiner Kunst, die 
er gleich Rubens in voller Unabhängigkeit übt, bringt er dasselbe 
zur Erscheinung. Rubens ist der Maler des Katholicismus, von 
dem er, ohne eigentlich kirchlichen Eifer, die äusserlich glän- 
zenden und poetischen Seiten für die Kunst zu benutzen weiss; 
Rembrandt ist der Maler des Protestantismus, dem er vielleicht 
nicht ohne den Eifer des Sektenwesensl) zugethan ist und den 
er ohne alle bestimmte Absicht (wie sie bei Rubens wohl Init- 
unter hervortritt) in der tieferen Innerlichkeit und der religiösen 
Stimmung seiner Werke hervortreten lasst. NVenn Rubens, 
überdies klassisch gebildet, sich gern dem in mancher Be- 
ziehung dem Katholicismus verwandten Heidenthum zuneigt  
so Rembrandt einer gewissen alttestamentarischen Auffassung, 
an welcher das damalige sinnende und grübelnde Sektenwesen 
allerdings mehr Antheil, als an der klassischen Bildung hatte. 
Und wenn Rubens, dem äusserlich rcpräsentirenden Zuge des 
damaligen Katholicismus entsprechend, sich gern zu der eben- 
falls äusserlich repräsentirenden Allegorie Wendet, so Rembrandt 
zur Darstellung des gewöhnlichen Lebens, das sich immer mehr 
mit tiefen Gedanken und Empfindung zu erfüllen sucht. Und 
wenn endlich Rubens durch seine Neigung zur Allegorie jener 
höfischen Dekorations-Malerei, die nur allzulang ihre Herrschaft 
behauptete, Vorschub geleistet hat, so ist Rembrandt Begründer 
der Genre-Malerei geworden, durch welche eine wahrhafte Er- 
weiterung und Bereicherung des Kunstgebietes stattgefundenj 
Auf den Gegensatz ihrer beiderseitigen Kunstweisen als 
solcher, darf ich hier nicht eingehen. Nur soviel sei hier 
bemerkt, dass in Rubens überall die äusserliche Pracht und 
Fülle des Lebens und der poetische Schwung der Leidenschaft, 
in Rembrandt die Verinnerlichung des Gemüthes und die Wahr- 
1) Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Rembrandt, ebenso wie seine 
Frau, der Sekte der Taufgesmhten angehört habe, weshalb ihn Baldinucci 
ggradezu als Mennomten bezeichnet. Kolloff S. 439. 440.
	        
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