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Brief zeigt uns Rubens im freundschaftlichen Verkehr mit einem
jüngeren Künstler, dßnl damals in Rom in hohem Ansehen ste-
henden Bildhauer Franz Du Quesnoy, seiner Herkunft wegen ge_.
wöhnlich vil Fiamingoll genannt, dessen Ruhm den älteren Freund
mit Freude und gerechtem Stolz erfüllte. Die herzlichen und
liebevollen Worte des Briefes scheinen keiner weiteren Erläute-
rung zu bedürfen, als dass Du Quesnoy in Rom Alterthümer
oder Abgüsse für Rubens, Kunstsammlung beschaffte; derselbe
ward namentlich in Kinderfiguren als der erste aller gleichzei-
tigen Meister betrachtet; den Vorwurf, nichts weiter als Kinder
darstellen zu können, wusste er durch die kolossale Statue des
h. Andreas zu widerlegen, die er im Auftrage Papst Urban's VIII.
für die Peterskirche arbeitete. Dieselbe war schon seit längerer
Zeit im Gypsmodell vollendet und auch durch einen Kupferstich
(vom Jahre 1629) bekannt, scheint jedoch erst kurz vor der
Abfassung des obigen Briefes aufgestellt und enthüllt worden
zu sein. Der Wunsch des greisen Meisters, den jüngeren
Freund noch einmal selbst begrüsseu zu können, ging nicht
in Erfüllung, indem sein Ende, dessen baldiges Herannahen er
schon während des Schreibens geahnt zu haben scheint, wenige
Wochen danach eintrat.
RUBENS
an
LUCAS
FA 10' IIERBE.
9. Mai 1640.
Antwerpen,
Mein Herr! Ich habe mit grossem Vergnügen vernommen,
dass Ihr am Maientag den Mai in den Garten Eurer Allerliebsten
gepflanzt habt. Ich holie, dass er willkommen gewesen ist und
Euch seiner Zeit Früchte bringen werde. Ich und meine Frau
nebst meinen beiden Söhnen wünschen Euch und Eurer Aller-
liebsten alles Glück und eine vollkommene und langdauernde
Zufriedenheit im Ehestande aus ganzem Herzen. Mit dem Elfen-
bein-Kindchen beeilt Euch nur nicht allzusehr, da lhr nun 81H
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