Volltext: Kunst und Künstler des siebzehnten Jahrhunderts (Bd. 2)

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Erfahrung. vDenn 1) wer von IRIS Wird nicht, wenn er es ver- 
suchen wollte, ein berühmteS Werk des Apelles oder Timanthes, 
welches uns Plinius beschreibt, auf eine würdige Weise wirklich 
darzustellen, etwas Abgeschmacktes oder der erhabenen Grösse 
der Alten durchaus Fremdes hervorbringen? Indem jeder sich 
nämlich seinem eigenen Naturell überlässt, bringt er anstatt 
eines köstlichen abgelegenen Weines, der Kraft und Milde ver_ 
eint, ein junges ungegohrenes Gewächs zum Vorschein, und 
beleidigt dadurch jene grossen Geister, welchen ich mit der 
höchsten Ehrfurcht nachstrehe, mich jedoch mehr begnüge, die 
Spuren ihrer Fusstritte zu verehren, als dass es mir, ich be- 
kenne es offenherzig, je einfiele, dieselben auch nur in der 
blossen Vorstellung erreichen zu könnena. Nehmen Sie gütig 
auf, was ich, durch unsere Freundschaft ermuthigt, mir die 
Freiheit genommen habe, Ihnen zu schreiben. Ich schmeichele 
mir mit der Hoffnung, dass Sie nach einem so guten vVorge- 
richt2)ß uns nicht die vHauptmahlzeitß verweigern werden, die 
wir alle so sehnlichst erwünschen; denn von Allen, die bis jetzt 
von diesem Gegenstande (der modernen Malerei) gehandelt, hat 
noch keiner unseren Appetit befriedigt. "Denn auf die Indivi- 
duen muss man eingehen, wie ich schon gesagt habe 3)a. Ich 
empfehle mich von ganzem Herzen Ihrem Wohlwollen und sage 
Ihnen meinen Dank für die Ehre, die Sie mir durch die Dar- 
bringung Ihrer F reundschaftsversicherungen, so wie des Buches 
erwiesen haben. Ich bleibe auf ewig der Ihrige. 
1) Von hier ab bis zu dem Anführungs-Zeichen ist die Uebersetzung 
Waagen's benutzt. Hist. Taschenbuch von Fr. v. Raumer v. J. 1838, S. 277. 
2) „Promulsis"; Vortisch, Speisen, die "bei den alten Römern zur 
Anreizung des Appetites zum Eingange der Mahlzeit gegeben wurden, 
etwa mit den „Entree's" heutiger Tafeln zu vergleichen. Im Gegensatz 
dazu steht die Haupt-Mahlzeit, „caput coenae". 
3) Nam oportet venire ad individua, ut dixi.
	        
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