Volltext: Kunst und Künstler des siebzehnten Jahrhunderts (Bd. 2)

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andererseits aber, indem man mit dem falschen Idealismus zu- 
gleich jede berechtigte Idealität überhaupt verwarf, und jedes 
Studium verachtete, lediglich nach der Reproduktion der natür- 
lichen Erscheinung streben. Das Erstere thaten die Akademi- 
ker, das Zweite die Naturalisten. Die Akademiker wollten an 
der Hand der grossen Meister der Blüthezeit und nach deren 
Vorbilde die Kunst reformiren, und suchten deshalb die besten 
Eigenschaften der einzelnen Meister so viel als möglich zu ver- 
einigen. In wieweit sie dies erreicht haben, und eine wie grosse 
Mannigfaltigkeit künstlerischer Auffassungen daraus hervorge- 
gangen ist, haben die nachfolgenden Charakterbilder und Briefe 
der Caracci (S. 33-59) und deren bedeutendsten Schüler und 
Anhänger, Domenichino (S. 59-75), Guido Reni (S. 76-90), 
Albani (S. 90-101), Lanfranco (S. 101-116) und Guercino 
(S. 116-128) nachzuweisen. Was dagegen das Wesen der na- 
turalistischen Schuleanbelangt, so ist hier der Ort, auf den Be- 
gründer derselben etwas naher einzugehen, als welcher Michel 
Angelo Amerighi da Caravaggio zu betrachten ist. Wenn sich 
die Caracci und ihre Nachfolger neben der sorgfaltigeren Beob- 
achtung der Natur zu einer prüfenden Auswahl der besten 
Eigenschaften der grossen Meister aus dem Anfang des sechs- 
zehnten Jahrhunderts veranlasst sahen, so war dafür in dem 
Zustande des Manierismus allerdings eine gewisse Berechtigung 
gegeben. Andererseits darf es aber doch nicht verkannt werden, 
dass bei einem vollkommenen Kunstwerk die Art der Behand- 
lung sich aus dem Gedanken und dem Gegenstande von selbst 
herauszustellen habe. Die Macht des Gedankens und der Auf- 
' fassung muss sich selbst auf die Art der Technik erstrecken 
und diese bestimmen. Es wird dadurch eine Uebereinstimmung 
erzielt, die dem Werke, ganz abgesehen von dem Werth dieser 
Auffassung an sich, eine grosse und unmittelbare Wirkung 
sichert. So hatten denn auch die Naturalisten ihrerseits eine 
gewisse Berechtigung, jene prüfende Auswahl der Akademiker zu
	        
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