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ihn darauf hingeführt. .Er hatte vollkommen Recht, dem Alchy-
misten Brendel, der sich ihm zur Herstellung des Steines der
Weisen und zum Goldmaehen ant_rug,_zu sagen, er habe dies
Geheimniss schon seit langer Zelt inseinen Pinseln und Farben
gefunden. Man kann und muss an Michel Angele die grossartige
lnteresselosigkeit bewundern, aber ES hat Niemand ein Recht,
dieselbe Eigenschaft von einem andern zu verlangen, man müsste
denn die Ordnung der Dinge und die Natur des Menschen selbst
zuvor von Grund aus umgestaltet haben.
Rubens ist, das muss man zugestehen, reich geworden
durch seine Kunst-Uebung. Wenn das eine Schmach ist, so
bleibt sie an Rubens haften; dann aber niogen alle Biejenigen,
denen es gelungen ist, mit Talent und geistiger Thatigkeit auch
äusserliche Erfolge zu erringen und Geld zu verdienen allzu-
viel werden deren wohl nicht sein mit Rubens das Hauptver-
hüllen! Wenn dagegen der Erwerb durch die Tadellosigkeit der
Mittel gestattet erscheint, und durch die Art der Anwendung
geadelt werden kann, dann steht Rubens frei von jedem Vor-
wurf da. Und so wurde der grosse Künstler auch von seinen
Zeitgenossen allgemein betrachtet. Gerade in dieser Beziehung
verdient das Urtheil eines gleichzeitigen italienischen Schrift-
stellers hervorgehoben zu werden, das für die Beurtheilung
dieser Frage von grosser Bedeutung ist. Zwar sei, sagt Bellori,
die Kunst in neuerer Zeit noch geehrt gewesen, doch fände es
sich oft, dass die Maler nicht den Geist, sondern nur die Hand
zur Arbeit mitbrächten, um schmutzigen Gewinnes halber;
wegen der Verächtlichkeit dieser Künstler werde die Kunst selbst
als eine mechanische und niedrige Thätigkeit von den Menschen
betrachtet. Dies sei in Italien und auch in Flandern der Fall
gewesen, als in Antwerpen ein neues Licht auftauchte, das die
Malerei erhellt und geadelt habe R ubensl
Man möge es verzeihen, wenn in dem Bestreben, das An-
denken eines grossen Mannes von einem unverdientenVorwurfe zu
befreien ich kenne keine schönere Aufgabe der Wissenschaft!
diese Digression vielleicht etwas zu lang geworden ist. Wir
kehren davon zurück, um schliesslich noch die politische Wirk-
samkeit Rubens' mit kurzen Worten zu schildern. In Rubens
verkörperte sich der Geist und die gesammte Bildung seiner
Nation. Er fühlte ihre Leiden, er kannte ihre Bedürfnisse, er
kannte zugleich die Mittel, jene zu lindern und diesen entgegen-
zukommen. Bei der nahen Berührung, in der er zu den Haup-
tßrn der Regierung stand, konnte es nicht anders kommen, als