134
flugs, als im literarischen und politischen Leben Roms, Jeder
einflussreiche Kardinal bildete seinen besonderen Kreis von
Günstlingen um sich. Fast alle Künstler sind so an die Gunst
der Grossen geknüpft und von ihr abhängig gewesen. Der stete
Wechsel des Glückslaufs betraf dann nicht selten den Günstling
wie den Gönner. ln anderen Städten Italiens hatten die weltlichen
Hof-Intriguen nicht geringeren Einfluss, als in Rom die geistlichen.
In Frankreich und England, als überwiegend monarchischen Staa-
ten, zeigt sich dies noch deutlicher. Rubens dagegen hat sich
wie einst Tizian von solchen Einflüssen ganz frei gehalten.
Wohl arbeitete er für Höfe; an Höfen aber arbeitete er nur,
wenn er durch politische Sendungen daran gefesselt war. In
seinem Hause lebte er in gänzlicher Unabhängigkeit. Und zwar
trägt diese Unabhängigkeit einen glänzenden, ich möchte sagen,
fürstlichen Charakter an sich. Es ist bekannt, mit welcher
Pracht er sich ein Haus errichtete. Breite Treppen führten zum
Atelier empor. Ein Rundbau, nach dem Muster des Pantheons
in Rom, war zur Aufnahme seiner kostbaren Kunstsammlung
bestimmt. Auch bei Rembrandt werden wir eine solche Unab-
hängigkeit kennen lernen. Nur dass diese mehr bürgerlich,
volksthümlich, republikanisch war.
Innerhalb dieses schönen und unabhängigen Lebens tritt
dann aber die rastlose Thatigkeit des Künstlers um so auffal-
lender und lobwürdiger hervor. Am frühen Morgen im Som-
mer schon um vier Uhr erhob er sich, hörte die Messe und ging
an die Arbeit, die er nur kurz vor Tische unterbrach, um der
Unterhaltung mit Freunden zu pflegen, oder einen Spazierritt
auf edelem Bosse zu machen. Im Essen und Trinken war er
massig, wie einst Michel Angele; er wollte durch Speisen-
Genuss die geistige Schöpfungskraft nicht lahmen. Nach der
Tagesarbeit bot der Verkehr in der Familie er hatte sich
schon 1609 mit Elisabeth Brandt verheirathet oder mit
Freunden Erquickung nach der ununterbrochenen Arbeit des
Tages dar. Besuche empfing er während der Arbeit; er selbst
machte deren keine. Zu seinen Erholungen gehörte ferner, was
Anderen oft Lebensberuf ist, Kunstliebhaberei und literarischer
Verkehr. Was die erstere anbelangt, so haben wir schon oft
darauf hingewiesen, wie Kunstliebhaberei und Kennerschaft sehr
wichtige Bestandtheile der damaligen Zeitbildung ausmachten.
Beide finden wir in Rubens in seltenem Maasse vereint. WVie
sein Sinn auf die Kenntniss und geistige Durchdringung des
klassischen Alterthums (vergl. unten Nr. 52) gerichtet war, so