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Zuthat; nicht minder zu seiner weltmännischen Ausbildung die
Berührung mit dem Brüsseler Hofß- Octavius van Veen war
dem ETZlXCTZOg AllJTeCht UIld dessen Gemahlin, der Infantin Isa-
bella, befreundet und stellte ihnen den jugendlighen Künstler
vor, der durch sein liebenswürdiges _Wesen sich bald ihre Zu-
neigung gewann; eine Zuneigung, d1e sie ihm während ihres
ganzen Lebens bewahrt haben. S0 kam alles zusammen, künst-
lerische Tüchtigkeit, ausgedehnte Bildung, namentlich eine sel-
tene Sprachkenntniss, gesellschaftliche Bedeutsamkeit und Un-
abhängigkeit, endlich die Empfehlung einflussreicher Fürsten,
um Rubens, als er sich im Jahre 1600 nach Italien aufmachte,
so vorbereitet auf die damalige hohe Schule der Kunst ziehen zu
lassen, wie wohl nur wenig Künstler vor und nach ihm dies zu
thun im Stande waren. Ueber Venedig ging er nach Mantua. Dort
waren es die farbenprächtigen Tizian und Veronese, hier der ge-
staltenmachtige Giulio Romano, die ihn durch eine gewisse Kon-
genialitat fesselten und sehr wesentlich zur Abrundung seiner
eigenen Kunstübung beitrugen. Zu der rastlosen Thätigkeit des
Künstlers gesellte sich auch hier eine ehrenvolle Stellung am
Hofe des Herzogs Vincenzo von Mantua, an den Rubens empfoh-
len war, und der, ein Freund der Künste und wissenschaftlicher
Studien, den vielseitig gebildeten Künstler liebgewinnen musste.
Einst überraschte er Rubens, als dieser beim Malen lebhaft eine
dem Gegenstand seiner Arbeit entsprechende Stelle der Aeneide
recitirte; er sprach ihn darauf lateinisch an und war nicht wenig
über die zierliche lateinische Entgegnung erfreut, mit der ihn
Rubens begrüsste. Wie hoch der Fürst den Künstler geschätzt,
geht aus einer Sendung nach Spanien hervor, mit der er den-
selben betraute. ln Rubens künstlerische Weiterbildung griff
es dann nicht minder mächtig ein, dass er nach Rom ging. Auf
den Einfluss der todten Meister folgte der der lebenden. Und
wahrlich, kaum mochte jemals ein solches Getreibe der ver-
schiedenartigsten Richtungen und Gegensätze diese Hauptstadt
bewegt haben, als dies gerade jetzt in den ersten Jahren des
siebzehnten Jahrhunderts der Fall war. lllanierismus, Eklekti-
cismus und Naturalismus waren im Kampf begriffen; der erstere
noch auf den Gipfel seiner Geltung, die beiden letzteren schon
von ihren ersten Erfolgen gehoben. Die Zuccaro, die Caracci,
die Caravaggio und ihre Schüler kreuzten sich hier mannigfach
durcheinander; ein feuriger, nicht immer edler Wetteifer hatte
die heimischen Künstler ergriffen, um welche sich mit mehr
oder weniger Theilnahme andere Künstler fast aller Nationen
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