Volltext: Kunst und Künstler des siebzehnten Jahrhunderts (Bd. 2)

angegeben. Selbst die Zeitgenossen, die ihn persönlich gekannt, 
weichen darüber ab. Passeri erzählt, dass er als Knabe den 
Vater, wenn dieser Holz nach Bologna fuhr, dorthin begleitet 
habe. So sei er in das Haus der Caracci gekommen; in das 
Atelier getreten, habe er stumm vor Freude und Erstaunen 
dagestanden. Agostino, sich dieser Regungen freuend, fragte 
ihn, ob er auch zeichnen wollte. Ja, sagte er hastig, ich will es 
auch lernen. So hatte er zuerst ein Vorlcgeblatt Agostinds zu 
dessen grosser Zufriedenheit kopirt. Auf dem Lande hätte er 
dann lleissig nach den Dingen seiner Umgebung gemalt  An 
Malvasia hat er selbst erzählt, er hatte schon früh Studien nach 
einem Bilde des Lodovico Caracci gemacht, das sich bei den 
Kapuzinern in Cento befunden. Namentlich sein Kolorit, das 
noch später seine besondere Grösse ausmachte, habe er von 
jenem Bilde entnommen, das er selbst als seine Amme zu be- 
zeichnen pflegte. Nach G. Campori (Gli artisti italiani e stra- 
nieri negli stati Estensi Modeua 1855 p. 33) ist er in seinem 
neunten Jahre zu einem sehr unbedeutenden Maler, Bartolomeo 
Bertozzi zu Bastiglia, auf modenesischem Gebiete, in die Lehre 
gekommen, von dem er aber kaum den Gebrauch der Farben 
erlernen konnte. Wie dem auch sei, der Anstoss zu seiner 
ersten künstlerischen Entwickelung ist, direkt oder indirekt, 
von den Caracci ausgegangen. Im Jahre 1607 trat er zu einem 
Maler in Cento, Benedetto Gennari (nach Malvasia) oder zu 
Zagnoni in Bologna (Baruffaldi bei Campori p. 34) in das Atelier, 
arbeitete mit demselben für jährlichen Lohn, bis er dessen Kom- 
pagnon wurde. Seit 1613 kommen schon Maler aus Bologna 
nach Cento, um die Werke des jungen Guercino zu sehen; 
diesen Beinamen hat er von einer körperlichen Unvollkommen- 
heit erhalten  er schielte. Seit 1617 steigert sich die Zahl 
seiner Schüler. Trotzdem bleibt er höchst bescheiden in seinen 
Ansprüchen, massig in den Preisen. Als ihm ein Freund und 
Gönner einmal für ein Bild, das er ihm für 30 Scudi verkaufen 
sollte, 200 Scudi aufzählt, steht er an, dieselben zu nehmen; er 
fürchtet ein Unrecht zu thun, sich so hoch über seine Erwar- 
tung honoriren zu lassen. Für die Ausbildung seiner späteren 
Kunstweise war seine Berührung mit Caravaggio sehr wichtig. In 
Rom ist es nämlich in dem bunten Künstlergewirr hauptsächlich 
Caravaggio, der ihn anzieht. Er glaubte in der tiefen Färbung 
dieses Meisters eine seinem eigenen ernsten Sinn entsprechende 
Kunstweise zu finden. Caravaggio imponirte dem bescheidenen 
Guercino und mochte seinerseits erfreut sein, einen so begabten
	        
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