Volltext: Kunst und Künstler des siebzehnten Jahrhunderts (Bd. 2)

war ihm fortwährend der Anblick schöner Gestalten geboten, 
deren Reproduktion denn in der That auch der hauptsachlichste 
Gegenstand seiner künstlerischen Thätigkeit war. Denn mit den 
andern Theilen der Bilder gab er sich keine Mühe; diese liess 
er von seinen Schülern malen, denen er übrigens ein liebevoller 
Freund war. Bibbiena (Giovanni Maria Galli) nannte er seinen 
Wassermeister, er hatte Fluss und Baßh Und Meer Zll malen; 
Pianoro war sein Architekt, er hatte die Baulichkeiten zu ma- 
len; zwei Filippi, Menzani und Veralli waren seine Gärtner und 
Bauern, sie besorgten die Vordergründe, Bäume, überhaupt die 
ganze Landschaft; mitunter schenkte er ihnen dann wohl ein 
Goldstück dafür. Dabei liebte er die Genüsse des Lebens; ob- 
schon massig und nüchtern, hielt er auf einen guten Tisch und 
gute Weine. Wir wissen, dass ihn sein Schüler und Freund 
Bonini aus Venedig, wo sich derselbe aufhielt, mit Muscheln, 
Austern und Seefischen versorgte, die er besonders gern ass. 
Auch dem Spiel war er nicht abgeneigt. Dazu gesellten sich 
geistige Genüsse, die ausser den Unterhaltungen mit den Freun- 
den, die stets gute Aufnahme bei ihm fanden, hauptsächlich in 
der Lektüre seiner Lieblingsdichter bestanden; Ovid und Virgil 
las er in den Uebersetzungen von Caro und Anguillara; oft be- 
dauerte er es, sie nicht in der Ursprache lesen zu können; von 
den Neuern liebte er Ariost und Tasso, letzteren weniger wegen 
des ernsteren Gegenstandes, als wegen der idyllischen Parthien. 
Die Episoden von der Erminia und der Armida wurde er nicht 
satt zu lesen und sich vorlesen zu lassen. Man sieht, wie diese 
ganze Lebensweise mit dem Geist seiner Werke in Einklang 
steht; und man kann es kaum begreifen, dass er in solchen 
Verhältnissen sich nicht wohl und glücklich fühlte. Und den- 
noch war er es nicht. Er hatte stets zu klagen, mehr in Folge 
seines unzufriedenen Charakters, als auf Grund wirklicher Un- 
glücksfälle. Diese blieben ihm bis zum Ende seines Lebens fern. 
Es lag etwas Unstetes und Schwankendes in seinem Wesen; es 
fehlte seinem Charakter der feste Halt, wie er seiner Rede 
fehlte. Er sprach, wie Malvasia sagt, in ungeordneter Weise 
und sprang von einem Gegenstands zum andern. Später kommt 
dazu eine unausstehliche Breite und Weitschweifigkeit. Alles 
verletzte ihn, mit Allen war er unzufrieden, zu Jedem klagte er. 
Bald über die Last der Familie  dem Bruder hat er es nie ver- 
geben, dass er ihn zum Heirathen veranlasst,  bald über zu ge- 
ringe Ehre, die ihm, bald über zu grosse, die andern Künst- 
lern erwiesen wurde. Die Künstler-Eifersucht, auf die wir schon
	        
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