antiken Statuen liegen sie, die ich länger als acht Jahre nach
allen Seiten hin studirt habe, um ihre wunderbare Harmonie mir
anzueignen. Denn diese allein that Wunder, Ich habe mehr als
alle Anderen studirt, und mir in meiner Jugend oft Schläge we-
gen allzugrossen Fleisses zugezogenw Er wollte von Talent
nichts wissen, alles hätte er erarbeitet. Wie ändern sich doch
die Zeiten und Menschen! Heut zu Tage Würde man den ge-
wöhnlichsten Maler heftig erzürnen, wenn man ihm Fleiss,
Mühe, Studium zugeben und nur die natürliche Anlage bezwei-
feln wollte. Lieber verzichten sie auf den Ruhm gewissenhaften
Strebens, ernster Arbeit, rastloser Anstrengung in der Bewälti-
gung der Schwierigkeiten, aber an dem angebornen Talente darf
ihnen Niemand rühren. Das ist das Palladium, hinter dem sich
zuletzt auch der Schwächste verstecken wird. Und gerade da-
gegen wehrt sich damals der grösste Künstler Italiens mit allen
Kräften! Es schien ihm ehrenvoller, seine Vollendung bewuss-
ter Anstrengung und eifriger Mühe, als angeborener Begabung
zu verdanken. Seine künstlerische Grösse sollte keine zufällige
Gunst, sie sollte seine eigene That seinl Solche Züge hat man
wohl zu beachten, wenn man die verschiedenen Erscheinungs-
weisen des Kunstgeistes und des künstlerischen Bewusstseins
in den verschiedenen Zeiten ergründen will.
Gvmo Rxanfs
Kontrakt mit den Vorstehern
in Bologna.
der
Seidenzunfc
30108931
21. April
1622.
Der ehrenwerthe Herr Guido, Sohn des verstorbenen
H. Daniel Reni, Bürger und Maler zu Bologna, verspricht aus
freien Stücken und ohne allen Irrthum von seiner Seite, den
Vorstehern der Seidenzunft, so wie den Vorstehern der Kapelle
dieser Zunft in der Mendikantenkirche, und verpflichtet sich,
für den Altar dieser Kapelle ein Bild zu malen. Das Bild soll
die Glückseligkeit des Hiob darstellen, und es sollen sich darauf
mehr als 25 Figuren befinden, von denen zehn von etwas mehr
als Lebensgrösse ganz zu sehen sind, nebst Architekturen und
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