Volltext: Kunst und Künstler des siebzehnten Jahrhunderts (Bd. 2)

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gewesen, sagte er zu Freunden später  auch sei er faul und 
lässig zur Arbeit geworden. Er hatte nicht eher Ruhe, als bis er 
die 4000 Dublonen und alle Ersparnisse obenein Wieder ver- 
loren hatte. Zu den Freunden, die ihn warnten, lobte er das 
Spiel als eine anständige und ehrenhafte Unterhaltung; wenn 
Fremde unberufen auf seine Leidenschaft hindeuteten, erwiderte 
er kurz, er pflege nur sein eigenes Geld zu verspielen. Das 
Spiel war ihm ein steter Sporn zur Arbeit. _Oft verlor er grosse 
Summen, die er augenblicklich gar nicht einmal im Vermögen 
hatte, auf Ehrenwort. Dann ging er wohl am folgenden Morgen 
ganz früh nach dem Ospedale della morte, wo viele Künstler 
ihre Ateliers hatten, und arbeitete unter lautem Singen rastlos 
an einem begonnenen Werke, mehr von der schlechten Laune 
getrieben als vom Genius. Wem fällt dabei nicht Michel Angele 
ein, der an dem Grabmal der Mediceer arbeitet! Nur dass es sich 
hier um Geld handelt, dort um Ehre, Freiheit und Vaterlands- 
liebe!  Dass Guido auch die grössten Verluste mit Anstand und 
Würde, so wie ohne alle äusserliche Erregung ertrug, mag ihm 
aus dem Gesichtspunkte der Gesellschaft immerhin zur Ehre 
gereichen; wenn er dadurch Illäf iicht ziäeinlerftlferleiigngng 
des Anstandes und der Ehrenha tig eit in esc ä en ge rie en 
worden wäre, wie sie ihm sonst wohl eigen waren. Zu welchen 
Verirrungen er aber in dieser Beziehung getrieben werden 
konnte und wirklich getrieben worden ist, ergieht sich aus der 
nachfolgenden Schilderung seines Verhaltens gegenüber der 
Seidenzunft von Bologna (Nr. 20). Es hätte in dem Mann der 
Noblesse der Kern wahren Adels, wie ihn Michel Angelo besass, 
stecken müssen, um ihn vor solchen Klippen zu bewahren. Er- 
greifend ist dieser Kampf der Leidenschaft mit dem künstleri- 
schen und sittlichen Ehrgefühl in der Brust unseres Künstlers. 
Lange hat er sich mit einer Sprungkraft des Geistes, die zu be- 
wundern ist, aufrecht erhalten; endlich ist er daran zu Grunde 
gegangen. 
Für das vollständige Bild dieses für die Kunstgeschichte so 
ungemein bedeutenden Charakters, sind uns mehr Züge, als für 
irgend einen andern Künstler erhalten. Wer hoch steht, wird 
viel gesehen; und man kann in der That sagen, dass er auf der 
Höhe des damaligen italienischen Kunst- und Geisteslebens ge- 
standen, wie nur je ein Rafael und Michel Angelo auf der Hohe 
ihrer Zeit es gethan. Wir müssen uns eine weitere Ausführung 
hier versagen; und bemerken nur noch, dass er die natürlichen 
Erfordernisse eines vornehmen Mannes im vollsten MHIISSB 
Künstler-Briefe. U. 6
	        
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