Wer so die Schwächen der Zeit theilt und denselben einen ge-
falligen Ausdruck zu geben vermag, wird stets grossen Erfolges
gewiss sein. Die Zeit will sich in den Werken eines Künstlers
immer selbst wiederfinden. Wer ihr die ernsteren Seiten ihres
Wesens entgegenhalt, wie dies Domenichino gethan, für den
wird sie immer Respekt haben; ihm iSf der "Erfolg der Achtungi
gewiss, wie ihn Domenichino auch wirklich errungen hat. Wer
ihr aber ihre Schwächen zu stattlicher Erscheinung bringt, wer
es versteht diesen Schwächen gleichsam eine künstlerische
Weihe zu verleihen, den wird sie verehren und lieben. Denn für
seine Schwachen hat der Mensch eben eine Schwäche. Dies
ist so wahr, dass es bis auf die Gegenwart gilt und wer die Er-
folge heutiger künstlerischer Produktion im Drama, in der
Musik, in der bildenden Kunst prüfend gegeneinander ab-
wägt, wird das Mehr oder Minder derselben fast immer durch
die grössere oder geringere Theilnahme an den Schwachen der
Gegenwart selbst bedingt finden. S0 haben wir die Kunstweise
und die Erfolge des Guido im Verhaltniss zu seiner Zeit zu
betrachten. Es ist in dieser Beziehung sehr bezeichnend, dass
Malvasia, sein Freund und jüngerer Zeitgenosse, ihn den Vater
der modernen Kunst nennt. Guido Reni war der Sohn eines
Musikers in Bologna, der ihn zu seiner Kunst erziehen wollte.
Calvart bewegte ihn, den Sohn zu ihm selbst in die Lehre zu
geben. Schon als Knabe kann er dort den andern Schülern als
Muster aufgestellt werden; schon im achtzehnten Jahre malt
er Bilder, die der geizige Meister für viel Geld, natürlich zu
seinem eigenen Vortheil, verkauft. Möglich, dass diese Erfah-
rung dem jungen Künstler jenen Sinn für die Geldverhaltnisse
gegeben, den er später bei aller Vornehmheit beibehalten hat.
Solche erste Erfahrungen bleiben selten ohne nachhaltige Fol-
gen. Gewiss ist es, dass er seinem Lehrer durch dies Verfahren
entfremdet wurde. Er floh zu den Caracci; Lodovico empfing
ihn mit offenen Armen, Calvart bemühte sich vergebens den
fähigen Schüler seinem Atelier wieder zu gewinnen. In der
Schule der Caracci tritt ein schöner Zug seines Wesens hervor,
die persönliche Bescheidenheit, die er auch später nie ver-
leugnet hat, und die durchaus nicht mit dem Streben nach Ehre
und Geltung unvereinbar ist. Wenn er im Atelier gelobt wurde,
So erröthete er; Lodovico glaubte dann er war schön von Ge-
stalt und Angesicht einen Engel in ihm zu erblicken! Noch in
Späten Jahren, als er schon ganz der vornehme Mann Wer und
sich auf dem Gipfel des Ruhmes fühlte, war er persönlichem