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war und auf dem Landsitz eines Gönners weilte, ist es vor Allem
Gesang mit dem er sich zu trösten sucht, und bis zu seinem
Lebensende haben ihn theoretische und praktische Forschung
über Tonkunst und mUSiküliSChC Instrumente beschäftigt (vgl.
die Erläuterungen zu Nr. 19). Sein Aeusseres war fein und zart;
begünstigt von der Natur war er nicht, es heisst, er sei von
Natur mit den Füssen einwärts gegangen und es sei seine stete
Sorge gewesen auswärts zu gehen; er War klein von Figur, aber
von frischen Farben und blauen Augen, etwas Signoriles hat
er durchaus nicht an sich gehabt. So auch soll er im Umgang
nicht von vornherein einnehmend gewesen sein; in Seinen Sitten
aber war er unstraflich, rein von Gemüth, massig, bescheiden
modestissimo nel parlare allem Trug feind; zurückgezogen, um
allem Neid zu entgehen, den er gerade dadurch hervorrief. Wer
ihn näher kannte, verehrte ihn. Passeri, der ihn nach seiner
Flucht aus Neapel kennen lernte, sieht ihn wie einen Engel an!
Aehnlich war es mit seiner künstlerischen Geltung. Für die
grosse Masse des Publikums und der Maler war er nicht; aber
das Lob aller Einsichtigen vereinigte sich über ihn. Nicht der
geringste Ruhm für ihn ist, dass die beiden Nebenbuhler,
Guido Reni und Albani, in seinem Lobe einig waren. Agucchi
sagte, seine ganze und volle Anerkennung würde er erst nach
seinem Tode finden, und er hat Recht darin gehabt.
DOMENICHINO
an
FRANCESCO ANGELONI.
Ich hoffte nach der Ankunft des Herrn Gio. Antonio hlassani
zu Rom die Abhandlung in die Hände zu bekommen, die Mon-
siguor Agucchi geschrieben hat, während wir in Seinem Hause
waren. Ich habe mich bemüht, die Unterschiede der Meister
und Kunstweisen von Rom, Venedig, der Lombardei, so wie
derer von Toskana zu erkennen und darüber bestimmte An-
sichten zu gewinnen; wenn mir aber die gefällige Bemühung
Ew. Herr]. nicht dabei zu Hülfe kommt, so verzweifele ich daran-
Ich war im Besitz zweier Bücher über die Malerei, von Leßll
Batista Alberti und Gio. Paolo Lomazzo; sie sind mir aber bei