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mehr an Selbstvertrauen denn an Erlindungsgabe, hat ihn oft
veranlasst, Motive anderer MeiSter zu benutzen, was ihm seine
Feinde nicht ermangelten, als Plagiat auszulegen. Mit Unrecht,
denn die WVerke, an die er sich anschloss, wie z. B. der h, Hie-
ronymus des Agostino Caracci, nach dem er seine Kommunion
des h. Hieronymus gemalt, u. a. waren _]a Weltbekannt, und vor
den Augen aller Welt begeht man keinen Diebstahl. Bellori wie
Passeri vertheidigen ihn gegen diesen Vorwurf, der hauptsäch-
lich von Lanfranco ausging. Nur Einiges, sagt Passeri, haben
die Bilder gemein gehabt; im Uebrigen sei das Domenichinds
selbständig gewesen. Der Gegenstand sei einmal gegeben ge-
Wesen, dieselben Motive hätten benutzt werden müssen, kein
Anderer hätte es anders machen können. Es ist vielmehr ein
Zug von Anspruchslosigkeit und Selbstlosigkeit, der sich in die-
sem Anschluss an die guten Ideen Anderer ausspricht, und der
überhaupt in seiner künstlerischen 'l'hätigkeit sich bemerkbar
macht. Daher jener Mangel an wrisolnzione e facilitar- , daher jene
vcircospecione e limaturarl, die Malvasia mit Recht von ihm, im
Gegensatz namentlich zu Guido Beni hervorhebt (II. 309). Pas-
seri nennt ihn allerdings selbst timido ed irresoluto; den Vor-
wurf der Langsamkeit lässt er nicht gelten, und Weist auf die
grosse Zahl seiner Werke hin, die denselben zur Genüge wider-
legten. Daher endlich jene, ich möchte sagen, liebenswürdige
Befangenheit, die für mich wenigstens einen besonderen Reiz an
vielen seiner Werke ausmacht. Eine solche Natur war wohl ge-
eignet, die Verdienste Anderer anzuerkennen, aber nicht dem
Andrängen und den Verdächtigungen gewinn- und ehrbegieriger
Nebenbuhler kühn und erfolgreich entgegen zu treten. Wie
sehr das Erstere der Fall gewesen, geht namentlich aus seinem
Urtheile über Werke Guido Renfs in Bologna hervor: "Ich
hübßa, schreibt er am 6. Mai 1612 aus Bologna an seinen Gön-
ner, den Kardinal Poli, wdie Werke des grossen Guido Reni in
S. Domenico und in S. Michele in boschi gesehen. Das sind
Sachen, die vom Himmel herabgekommen und von der Hand
eines Engels gemalt sind. Welche paradiesische Gestalten!
Welcher Ausdruck der Empfindungen! Welche Wahrheit und
Lebensfrische! Ja wahrlich, das nenne ich Maleniß u. s. w.
Wie sehr das zweite der Fall war, lehrt die Geschichte seines
Lebens und wird sich uns aus der Schilderung seiner Thatigkßit
in Neapel ergeben. Nur in seiner Ehe lebte er, abgesehen von
Streitigkeiten mit den Verwandten über die Mitgift, älückhch-
So hat wenigstens seine Wittwe später an Malvasia selbst er-