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Sie dies sehr gut vermögen, nur dass derselbe demüthig sei;
denn man wird ihn in Rom und vielleicht auch in Bologna lesen.
Geben Sie ihn dann auf die römische Post, damit er an den
Herrn Grafen gelangen kann. Entschuldigen Sie mich und
haben Sie Nachsicht mit der Verstimmung, die mich beherrscht;
ich bin fast krank vor grosser Melancholie. Beten Sie zu Gott
für mich in dieser meiner Noth und schenken Sie mir Ihre Hülfe.
Ich küsse Ihnen die Hand.
N.S. Wenn es Ihnen nicht passend erscheinen sollte, diesen
Brief zu schreiben, so füge ich mich ganz Ihrem gelauterten
Urtheil. Was Ihnen recht scheint, mögen Sie ganz nach Ihrem
Wohlgefallen ausführen.
Bottari I. 291. Lodovico Caracci hatte den Auftrag be-
kommen, in der Bogenwölbung des Chores von S. Pietro (der
Kathedrale von Bologna) eine Verkündigung zu malen. DasWerk
hatte kolossale Dimensionen und das Gerüst genügte nicht, um
dem Künstler einen richtigen Anblick des Bildes selbst zu gestat-
ten. Er bat daher Ferrante Carlo, das Bild von unten zu besehen
und ihm sein Urtheil darüber zu sagen. Dieser, von schwachem
Gesicht, bemerkte einen Fehler in einerVerkürzung nicht, lobte
das Bild und Lodovico liess das Gerüst abbrechen. Da ergab
sich dann, bei vollkommen freier Ansicht, der Fehler, den der
Meister nicht früher bemerken konnte. Lodovico war ausser sich
und reichte sogleich bei den Vorsteliern des Baues eine Schrift
ein, in der er um die Erlaubniss bat, das Gerüst auf seine eigene
Kosten wieder aufbauen zu lassen, um den Fehler" verbessern
zu können. Diese Bitte auch bei dem Kardinal Erzbischof von
Bologna, Lodovico Ludovisi, zu unterstützen, verlangt er in
obigem Briefe von seinem Freunde, der das Unheil zum Theil
mit verschuldet hatte. Er erreichte indess seinen Zweck nicht;
ein Rescript der Herren Fabbriccieri verweigerte ihm in Anbe-
tracht der grossen Mühe und Unruhe, die dadurch entstehen
würden, den Wiederaufbau des kolossalen Gerüstes. Damit war
ihm jede Hoffnung genommen, jenen Fehler zu verbessern. Es
war dies für den gewissenhaften Künstler, der sein ganzes Leben
ausschliesslich der Kunstreform geweiht hatte, ein unerträglicher
und überwältigender Gedanke. Und in der That: der Schmerz,
der sich schon in unserem Briefe so rührend ausspricht, ergriff