Volltext: Kunst und Künstler des siebzehnten Jahrhunderts (Bd. 2)

Lonovxco CARACCI 
an 
CARLO. 
FERRANFE 
Bologna, 
1617. 
I5. Februar 
Ich komme mit diesem meinen Briefe Sie recht freundlich 
zu begrüssen, und Sie zugleich zu bitten, mich Näheres über 
Ihre Person und Ihr Wohlbefinden wissen zu lassen, und 
über jenen ewigen Prozess, denn so kommt er mir wirklich vor. 
Ich werde wegen der Freundschaft und der Anhänglichkeit, die 
ich zu Ihnen habe, immer den lebhaften Wunsch emplinden, 
von dem Allen unterrichtet zu sein. ln diesen Karnevalstagen 
geschah es, dass eines Abends, etwa gegen drei Uhr Nachts, eine 
Maske in mein Haus eingeführt wurde, sowohl nach dem Anzuge, 
als nach dem nicht bedeckten Gesicht ein Engel des Paradieses; 
das Haupt mit Lorbeer bekränzt, in weissem Gewande, das mit 
schöner Zeichnung drapirt war, und mit einer Posaune in der 
Hand. Als sie in das Zimmer trat, in dem ich mich befand, liess 
sie die Trompete in gewissen Passagen ertönen und recitirte 
mir dann mit jungfräulicher ._Anmuth, die ihr ganzes Wesen 
auszeichnete, die Verse, die hier beigeschlossen sind, so reizend 
in Wort und Gebehrde, dass es erschien, als ob die Poesie selbst 
vom Himmel herabgekominen wäre, um mich zu beglücken. 
Und nun gedachte ich, Ew. Herr]. zu ersuchen, mir den 
Gefallen zu erweisen und Ihre Muse dazu anzuwenden, das Lob 
dieses Mädchens zu singen, das von aussergewöhnlicher jung- 
fräulicher Schönheit und von einem herrlichen, die gewöhnliche 
Weibergrösse überragenden Wuchs ist. Es ist ein Mädchen von 
15 oder 16 Jahren, von solcher Beredsamkeit in ihren Worten, 
so fein gesittet und von so bezaubernder Anmuth, wie ich noch 
niemals gesehen, auch nicht einmal auf der Bühne; und sie 
recitirt mit solcher Grazie und mit so passenden Bewegungen 
und Gebehrden!  Die von ihr gesprochenen Worte schicke ich 
111mm beiliegend. Wer der Dichter ist, weiss ich nicht; ich bitte
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.