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sind. So sehen wir denn in ihm und an seinen innersten
Empfindungen und Ueberzeugungen jenen Bruch vor sich ge-
hen, der sich in allen Kreisen der Sitte und der religiäsen
Anschauung der damaligen Zeit vollzog. Wir sehen eine
grosse geschichtliche Idee wiederum in und an einem einzel-
nen Menschetr verkärpert erscheinen. Ammanati, der das ganze
Bestreben seines früheren Lebens als eitel und verwerHich er-
kannte, musste unglücklich darüber werden. In der Nackt-
heit jener früheren Werke, die durch die Uebereinstimmung
einer unbefangenen und naiven Zeit allgemein gebilligt war,
findet er Gräuel und Sünde. Es peinigt ihn, dass er die heid-
nischen Gützen verherrlicht hat, für deren Vernichtung doch
die heiligen lNIärtyrer einst ihr Blut vergossen. Daher die an
den Grossherzog gerichtete Bitte, dieselben durch einige Zu-
thaten in christliche Tugenden verwandeln zu dürfen!
Daher jene Wärme und Innigkeit, mit denen er seine Kunst-
genossen Warnt, in ähnliche Fehler zu verfallen! Daher end-
lich jener Hauch einer tiefen und ungeheuchelten Traurigkeit,
die durch alle seine Aeusserungen in jenen Briefen hindurch-
geht! Die Jesuiten, denen er sich als den Vertretern und
Vorkämpfern jener neuen Richtung des Katholicismus in die
Arme geworfen batte, scheinen die Betrübniss und die Zer-
fallenheit des Künstlers wo nicht hervorgerufen, so doch ge-
fürdert, und zu ihren Zwecken benutzt zu haben, wie ja auch
schon das Vermägen des Künstlers ihnen zu Theil geworden
war. Dass auch von diesen Briefen, wenigstens der letztere,
nieht ohne ihre ganz specielle Einwirkung entstanden ist, geht
zur Genüge daraus hervor, dass dieser ursprünglich in dem
Archive des Jesuiterxldosters S. Giovannino zu Florenz gefun-
den und erst von dort nach dem Collegio Romano, ebenfalls
einer Jesrütenstiftung, gebracht worden ist.
Mit jenem vorerwähnten Bruche nun schliesst eine durch
zwei Jahrhunderte hindurchgehende und an den schünsten und
edelsten Erscheinungen unendlich reiche. Entwickelungsperiode
des menschlichen G-eistes ab. Die Briefe Ammanatfs, die uns
davon sn unzweifelhafte Kunde geben, mägen daher auch die
Reihe dieser Mittheilungen beschliessen, die eben nur den
Zweek haben, jenen Entwickelungsgang selbst, insoweit der-
selbe die Kunst und die Künstler betrifft, zur müglichst kla-
ren und vollständigen Anschauung zu bringen.
Üqbbai-