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dürfen nicht allzu genau genommen werclen. Michel Angelefs
Gesinnungen mügen clurch (las jetzt fast neunzigjährige Alter
in mancher BGZlGhIIHg, selbst in Vergleich zu seinem Aus-
spruch vom Jahre 1544 (8.185) gemildert worden sein. So
gründlich aber umgewandelt, wie es xiach Vasari hier schei-
nen kännte; waren sie gewiss nicht. Die Briefe Michel An-
gelds au Cosimo (Nr. 104-106) sind mit anständiger Hüf-
lichkeit, und mit Beobachtung aller hergebrachten Formen
gesehrieben; aber es ist keine Spur von der demüthigen Er-
gebenheit und Schmeichelei rlarin, clie Vasari, der sich hier
allerdings in einer eigenthümlichen Situation befand, seinem
greisen Meister dem Herzoge gegenüber, andichten mächte.
(Vgl. auch oben S. 244). Wichtiger und glaubwürdiger
ist, was Vasali über Michel Angelds damalige Thätigkeit dem
Herzoge mittheilt. Nach dem Wunsche, Grott mäge Michel
Angelo, trotz seiner Schwäche, noch recht lange für den Bau
von S. Pater am Leben erhalten, der seiner noch sehr be-
dürftig sei, fährt er also fort: ,,Mich hat der Bau in Staunen
veg-setzt und mir (lie Ueberzeugung gegeben, dass die Alten von
der Schünheit und Grazie dessen übertroHen werden, was Michel
Angelds gättlieher Geist zu schaHen gewusst hat. Einmal
sind wir in Gesellschaft nach S. Peter geritten, und dort hat
er mich auf viele Schwierigkeiten aufmerksam gemacht und
mir auch das Modell gezeigt, das er in Holz von der Kup-
pel und der Laterne anfertigen lässt, und welches eine hüchst
wunderbare und aussergewühnliche Sache ist." Ausserdem
aber hätten sie sich mit den Zeichnungen zur Brücke rlella
S. Trinitä, mit dem Modell zu dem grossen Saale im Palazzo
vecchio zu Florenz, und mit "vielen Unterhaltungen über
Kunstgegenstände beschäftigt, welche letztere e1-(Vasari) benutzt
habe, um seinen Dialog über (lie Malerei zu Ende zu brin-
gen," Vgl. oben S. 249 und 252.