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weiter keines anderen Sinnes, wogegen die Skulptur, in-
dem sie ähnlich der Natur, erhaben darstellt, nicht bloss
ein Gegexxstand des Gesichtes, sondern auch des Gefühls
oder Tastsinnes sei; weshalb sie denn auch von mehreren
Sinnen wahrgenommen werden künne und somit: von allge-
meinerer Geltung und häherem Werthe sei.
Weiter wird dann behauptet, dass, da. von den Bildhauern
meistentheils runde und von allen Seiten isolirte Statuen ge-
macht werden, sie mägen nackt oder bekleidet sein, diese
gezwungen sind, die grässte Aufmerksamkeit darauf zu ver-
wenden, dass sie von allen Seiten sich gut darstellen und
dass, wenn ihre Figur von einem Standpunkte aus amnuthig
erscheine, sie dieser Anmuth auch für einen anderen Stand-
punkt nicht ermangele. Die Zahl dieser Standpunkte aber
sei unendlich gross, indem bei der Natur der kreisrunden
Form das Auge sich gleichmässig ringsumher wenden kann.
Ganz anders dagegen verhält es sich mit dem Maler,
der von irgend einer Figur nie mehr als eine Ansicht geben
kann, die er sich ganz nach seinem Belieben auswählt. Und
da. es ihm genügt, dass sie auf der einen Seite, von der sie
gesehen wird, anmuthig sei, braucht er sich nicht um die an-
dere Ansicht zu kümmern, die sie von der anderexx, nicht er-
scheinenden Seite haben würde. Darin sei nun also wieder
die Skulptur schwieriger.
Und in derselben Weise fortfahrend, sagen aie, dass es um
vieles schüner und angenehmer sei, in einer einzigen Figur
alle Theile zu iinden, die zu einem männlichen ocler weib-
lichen Kürper, oder zu einem anderen Iebenden Wesen ge-
hüren, wie das Antlitz, die Brust, and die anderen vorderen
Theile, und wenn man sich wendet, die Weichen 1m41 die
Arme, and was damit zusammenhängt, zu finden, S0 wie den
Zusammenhang der vorderen mit den seitlichen 11m1 hinteren
Theilen wahrzunehmen; zu sehen, Wie die Muskeln beginnen
und endigen, uncl sich vieler schünen harmonischexl Verbin-
dungen zu erfrc-nlen; mit einem Worte, beim Umhergehen 11m