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schaftlicln. Ich hoife mit Zuversicht zu Grott, dass er zurück-
kehren wird, was Gott gefallen mäge.
Ich wünschte sehr, Euch (las, was Ihr von mir verlangt,
erklären zu künnen und es thut mir ungemein laid, dass ich
so wenig gesclüekt bin, Eurem Wunsche naehzukommen, in-
dess wil] ich (loch ans Liebe zu Euch nicht unterlassen,
Eueh in der Kürze über den verlangten Gegenstanc] meine
Meinung mitzutheilen. Ich weiss nämlich, dass Ihr nichts
anders sucht, als was das Wahre in diesen Dingen sei. Denu
ich stelle mir vor, äass Euch die Schwierigkeiten auf beiden
Seiten wohl bekannt sind; und so scheint es mir denn, dass
die Skulptur in der Idee des ausübenden Künstlers liege,
durch seiner Hände Werk zu zeigen, was wirklich ist, nicht
aber durch die Nachbildung der Natur zu täuschen und dass
alle Menschen (las, was er gemacht, zu erkennen im Stande
seien. So z. B., dass Wenn ein Blindey, der niemals gesehen,
sondern nur getastet hätte, eine Figur von Marmor, Holz
oitler Thon fände, er sogleich vermäge seines Urtheils behaup-
ten würde: das ist die. Figur eines Mannes, oder eines Weibes,
oäer die eines Kindes. Wenn (las Kunstwerk aber im Gegen-
theil eine Malerei Wäre, und der Blinde, darauf umhersuehend
nichts fände, obschon doch etwas darauf ist, so würde er dasselbe
für betrügerisch erklären. Denn es ist trügerisch zu zeigen,
Was nicht wirklich ist. Die Natur aber täuscht clie Menschen
nicht. Wenn Jemand hinkt, so zeigt sie ihn hinkend; ist
Jemand schün, so zeigt sie ihn schän. S0 scheint es mir
also, als ob die Skulptur die Wirklichkeit, die Malerei aber
eine Täuschung sei. Hätte ich die Täuschung vorzustellen,
so würäe ich, so viel an mir, einen Maler vorstellen 9). Das
ist meine Ansieht über clie Skulptur. Ich bin überzeugt, dass,
Wenn man den ersten Bildhauer nähme, der gut arbeitet, und
den ersten Maler, der gut malt, und sie soIcherWeise Linien
1) Non ingannax- la natura.
2) E volendo avere a contraffare la bugia, contraffarei, in quamo
a me, un piLtoreH].