Volltext: Künstler-Briefe ([Bd. 1])

XXXIII 
Damit steht es denn im engsten Zusammenhange, wenn die 
Al-beit des Künstlers als ein Gesehenk, und das dafür gezahlte 
Honorar als ein Gegengeschenk bezeichnet wird, wie mehre 
Beispiele, in (1011 nachfolgamulen Briefen zeigen Werden. 
Was nun den andern der vorerwähnten Punkte, die Ho- 
norirung der Künstler anbelangt, so war dieselbe ursprüng- 
lich, der Einfachheit aller Lebensverhältnisse entsprechend, 
ungemein mässig. Alles, was aus der Zeit des fünfzehnten 
Jahrhunderts von Nachrichten erhalten ist, scheint darauf hin- 
zudeuten. Die Anspruehslosigkeit der Künstler (bekanntlich 
stehen die Ansprüche der Künstler nur selten mit der Vor- 
treiflichkeit ihrerLeistungen in gleichem Verhältnisse) scheint 
ihre eigenen Produktionen kaum hüher, als die eines edleren 
Handwerkes angesehlagen zu haben; wie denn aueh die Einrich- 
tungen und Satzungen der Künstler in mancher Beziehung 
gar nieht so weit von denen der Handwerker abwiehen. Die 
eigentliehe Werthschätzung und Preisbestimmung des Kunst- 
werkes erseheint im Ganzen nach Willkür oder zufälligen 
äussern Umständen geschehen zu sein, S0 dass sich bestimmte 
Normen, wie etwa Salvator Rosa den Preis nach der Zahl 
der dargestellnten Figuren, Rubens nach der .auf das Bild 
verwendeten Zeit bestimmte, kaum ammehmen lassen; obschon 
das Ietztere Verfahren doeh Wohl im Ganzen, als das natür- 
lichste Schätztlngsmittel, am häufigsten in Anwendung gekom- 
men sein mag. Letzteres seheint unter anderem auch dar- 
aus hervorzugehen, dass bei Arbeiten von grüsserer Ausdeh- 
nung, zu deren Herstellung voraussiehtlieh eine lärlgere Zeit 
gehärte, ein fbrtlaufendes monatlich auszuzahlendes Grehalt 
ausgeworfen wurde, wie z. B. Leonardo da Vinci für die 
Arbeit an dem Bilde der Schlaeht von Anghiaro ein 1nonat- 
ÜChGS Gehalt von fiinfzehn Goldgulden  98), Michel Allgelo 
füf dia Afbeit 2m den Grabmälern der Mediceer in der Sa-
	        
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