Volltext: Künstler-Briefe ([Bd. 1])

unmäglich erscheinen lässt, ans anclern Doklnnenten hervor, 
dass noch 1512 die Gerüste in der Kapelle standen, ja, flass 
diese noch nicht eimnal beim Tode Papst Julius" II. im Jahre. 
1513 habe benutzt Weräen künnen (Färster a. a. O. 305, 
Passav. I. 167). Es ist also nicht unwahrscheinlich, und 
wird durch die in dem Briefe angcfiihrte INIeinung (les Pap- 
stes über Michel Angelo hestätigt, dass dieser letztere, viel- 
leicht in Folge einer Misshelligkeit, wic sic äiftcr zwischen 
ihm und dem Papste stattzuiinden laüegten, (lie Arbeit auf 
kurze Zeit unterbrochen and sich nach Worenz begeben habe. 
Unter dem Werke dagegen, welches ihn gegenwärtig beschäf- 
tigt, ist das Grablnal des Papstes Julius zu verstehen (Gaye 
a. a. O. 491), dam Michel Angelo immer seine Gedanken vor- 
zugsweise zugewendet hat und das er, trotz aller Sorgen, dia 
ihm äaraus erwuchsen, immer als die Hauptaufgabe seines 
Lebens betrachtet zu haben scheintl). 
Die Werke des Rafael, von denen es in dezn Briefe heisst, 
sie gefielen dem Papste nicht, sind die Malereien in den Stan- 
zen des Vatican, von denen 11m jene Zeit me erste vollendet. 
und die zweite (clic des Heliodor) begonnen worden war. In 
wie weit allen Blittheilungen Sebastiands über (lie Aeusserun- 
gen des Papstes Glauben beiznmessen sei, mag wohl kaum 
mit Gewissheit zu entscheiden sein; (iaye bemerkt allerdings, 
(lass Blichel Angelcfs Kunst vielleicht der Sinnesweise des 
letzteren meln- zugcsagt haben müge, als (lie des Rafael, 
indess hat Papst Julius II. Rafael bekanntlich doch niemals 
weder Gunst noch Aufträge entzogen, and wcnn er Wirklich 
zu Sebastiano derartige Aeusserungen gethan hat, so scheinen 
dieselben doch in der XViedererzählung des lebhaften Parthei- 
gängers an (len Meister selbst eine etwas entschiedenere Fär- 
bung angenommen zu haben. Jedenfalls bleibt der Brief, 
1) NachVoHendung der Kapelle und bevor noch der Papst 
sich dem Tode nahe fühltc, verfügtc cr und trug es dem Cardinal 
Santiqxxattro (Lodovico Milero Valentinn) und dem Cardinal Aginense 
(Leonardo Grossi della Rovcrc) auf, sein Grablnal, wenn 01' gestor- 
ben wäre, nach einer einfacheren Zcichxlung, als die frühere, voll- 
enden zu lassen (S. o. Nx'.56-57.). An diess Werk begab sich Mi- 
chel Angelo um o lieber, als er hoffte, endlich einmal olme Hinder- 
nisse damit fertig zu werden; batte indess uachmuls stets Verdruss, 
Last und Noth dabei, mehr als bei irgend einer seiner Arbeiten. 
Vasari, Leben Michel Angelcfs S, 315_
	        
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