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entschuldigen, wenn sich die Sache ans (liesem Grande viel-
leicht bis zu ihrer Vollendurxg um einige 'l'age verzügern
wird. Und indem ich mich Eww. Herrlichkeiten zu Gebote
stelle und von Herzen empfehle, küsse ich denselben (lie Hände.
Der Brief trägt die Adresse: ,,Alli molto Magnif. Signori
Deputati della Magnif. Communitä di Brescia" und ist au die
von der Gemeinde der Stadt Brescia über den Bau ihres
städtischen Palastes gesetzte Behärde gerichtet. In dem gros-
sen Saale dieses Palastes nämlich sollte die gewälbte Decke
mit Malereien verziert werden. Die eigentliche Ausmahlng
der Wälbung war dem damals sehr berühmten Perspectiv-
malerCristofo ro Rosa, einem Brescianer, der aber zu Ve-
nedig arbeitete, übertrageu worden, den man zu diesem Zweeke
im Dezember 1560 naeh Brescia berufen hatte und mit wel-
chem der Kontrakt über die Malereien unter dam 12. Mai 1563
abgeschlossen wurde. Nach demselben hatte er die ganze
Wülbung mit einer sehr reichen, mit Sämllen, Consolen, Ni-
schen und Statuen verzierten Architektur auszumalen und es
waren ihm 9000 Lire ausgesetzt worrlen, die aber, im Falle
man bei der Abnahme mit dem Werke zufrieden Sein würde,
bis auf 10,000 Lire erhüht werden dürften, su wie auch
ein Haus, dass ihm während seines Aufenthaltes in Brescia
von der Stadt zur WVohnung gegeben wurde. Die Dlalereien
wurden im Februar des Jahres 1564 "begonnen; in der Hühe
der WVälbung aber waren drei grosse achteckige Räulne aus-
gespart und zur Aufnahme von Oelgerxuälden bestimmt,
deren Ausführung 'l'izian, mit welchem Rosa von Venedig
ans nahe befreundet war, übertragen wurde.
Um sich von der Lokalität zu unterrichten, kam Tizian
in Folge einer AuHorderung der Bau-Deputirten im Herbst
1564 nach Brescia und erhielt sogleich als ein Angeld 150 Gold-
seudi vorausbezahlt. Nach Verlauf eines Jahres und nach-
dem Tizian schon nach seinen eigenen Ideen zu arbeiten be-
gonnen batte (vgl. unten Br. 104) wurden ihm von denselben
Deputirten nähere Anweisungen über die Gegenstände der
Malerei nebst einem Briefe vom 6. August 1665 geschickt;
dies sind die Anweisungen, auf welche sich der Anfang un-
seres Briefes bezieht und diee als ein hüchst merkwürdiges
Dukument in Bezug auf die genaue Bestimmung solcher Auf-
träge zu betrachten sind.