Volltext: Künstler-Briefe ([Bd. 1])

286 
auch der Kaiser die Stadt verliess. Er begleitete ihn darauf 1xac11 
Innspruck and kehrte von dort, als Oarl nach Flandern ging, 
im December 1551 mach Venedig zurück, um untcr an- 
dern an dem ihm aufgetragcwnen grossen und bGYÜhITIfCH Bilde 
der heiligen Dreieinigkeit für den Kaiser zu arbeiten, welches 
1555 nach Spanien geschickt wurcle. 
Pietro Aretino antwortete auf unsern Brief folgendes: 
PIETRO 
ARETINO 
311 
TIZIAN. 
Venedig, 
Novcmber 
1550. 
Verehrter Gevatter! Der Brief vom vierten dieses Mo- 
nates, den mir M. Enea überbracht hat, war mir lieb, indem 
er clen Zweifel, der mich in Bezug auf Eure glückliche An- 
kunft in Augsburg gefangen hielt, in Gewissheit verwandelte; 
der andere aber vom elften, den ich danach erhielt, hat mich 
in die grüsste Fraude versetzt. Wer abcr sollte auch nicht 
im innersten Herzen erfreut sein, der du härt, mit wie liebe- 
voller Huld und Gnade der Kaiser, sobald er Euch erblickte, 
fragte, wie ich mich laefände und ob Ihr ihm Briefe von mir 
brächtet? Unrl wie 01' Ifluch sodann (nachdenx et, was ich 
ihm demüthig geschrieben, erst leise und dann laut gelesen) 
sagte, dass er mir nicht blos bcim Papste jeden g-uten Dicnst 
erweisen wolle, sondern dass er auch sehr bald auf meinen 
Brief antworten würde,  und alles dies sagte. er in Gegen- 
wart seinerHoheit (Philipffs von Spanien), des Herzogs Alva 
und des Dlävila zu meiner grüssten Ehrc, wofür ich Gott 
auf das Innigste Dank sage! Denn von 111m Hiessen diese 
Wohlthaten, nicht von der Tugend, die in mir ist oder ge- 
sehen wird')! Euch aber, gättlicher Mann! sage ich nichts 
weiter, denn (la wir beide nur Einer Sind, ist ailes Dank- 
sage-n überüüssig! 
1) Es ist cin charakteristischer Zug, dass der Heuchler hier, 
wie im Vorgefühl der ersehnten geistlichen Würde, plützlicln in don 
Ton salbungsvollcr Erbaulichkeit fällm.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.