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auch der Kaiser die Stadt verliess. Er begleitete ihn darauf 1xac11
Innspruck and kehrte von dort, als Oarl nach Flandern ging,
im December 1551 mach Venedig zurück, um untcr an-
dern an dem ihm aufgetragcwnen grossen und bGYÜhITIfCH Bilde
der heiligen Dreieinigkeit für den Kaiser zu arbeiten, welches
1555 nach Spanien geschickt wurcle.
Pietro Aretino antwortete auf unsern Brief folgendes:
PIETRO
ARETINO
311
TIZIAN.
Venedig,
Novcmber
1550.
Verehrter Gevatter! Der Brief vom vierten dieses Mo-
nates, den mir M. Enea überbracht hat, war mir lieb, indem
er clen Zweifel, der mich in Bezug auf Eure glückliche An-
kunft in Augsburg gefangen hielt, in Gewissheit verwandelte;
der andere aber vom elften, den ich danach erhielt, hat mich
in die grüsste Fraude versetzt. Wer abcr sollte auch nicht
im innersten Herzen erfreut sein, der du härt, mit wie liebe-
voller Huld und Gnade der Kaiser, sobald er Euch erblickte,
fragte, wie ich mich laefände und ob Ihr ihm Briefe von mir
brächtet? Unrl wie 01' Ifluch sodann (nachdenx et, was ich
ihm demüthig geschrieben, erst leise und dann laut gelesen)
sagte, dass er mir nicht blos bcim Papste jeden g-uten Dicnst
erweisen wolle, sondern dass er auch sehr bald auf meinen
Brief antworten würde, und alles dies sagte. er in Gegen-
wart seinerHoheit (Philipffs von Spanien), des Herzogs Alva
und des Dlävila zu meiner grüssten Ehrc, wofür ich Gott
auf das Innigste Dank sage! Denn von 111m Hiessen diese
Wohlthaten, nicht von der Tugend, die in mir ist oder ge-
sehen wird')! Euch aber, gättlicher Mann! sage ich nichts
weiter, denn (la wir beide nur Einer Sind, ist ailes Dank-
sage-n überüüssig!
1) Es ist cin charakteristischer Zug, dass der Heuchler hier,
wie im Vorgefühl der ersehnten geistlichen Würde, plützlicln in don
Ton salbungsvollcr Erbaulichkeit fällm.