279
Ueber (la-s freundschaftliche Verhältniss Tizialfs zu Pietro
Aretino, an welchen dieser (bei Ticozzi Vite de' pitt. Ve-
cellj. App. III. p. 309 abgedruekte) Brief gerichtet ist, ha.-
ben wir schon mehremals beilärlüg gesprochen. Es war
zu einem fortgesetzten persünlichen Verkehr geworden seit
1527, in welchem Jahre Pietro Aretino nach Venedig ge-
kommen war. Als dritter ,,im Bunde" ist der als Bildhauer,
wie Baumeister berülnnte Jacopo Sansovino zu nennen, der
ebenfalls 1527 nach Venedig kam, um sich dort auf immer
xüederzulassetx. Mit diesen Bekanntschaften scheint eine grosse
Veräiuderung in dem bisher 1x1ehr einfachen Leben des schon
fünfzigjährigen Tizian vor sich gegangen zu sein. Tizian
war wenig und immer nur auf kurze Zeit aus Venedig her-
ausgekommen, wo bisher ein wenn auch grossartigcs und
prächtiges, so doch gerade nieht luxuriäses Leben geführt
wurde. Pietro Aretino dagegen kam von Rom, und Sansovino
batte das glänzende Leben der damaligen italienischen Hüfe
kennen gelernt, so dass sie nun, in Gemeinschaft mit Tizian,
sich hier mit rechter Lust oinem au Genüssen aller Art rei-
chen Leben ergaben, zu dem bald gebildete Freunde, wie der
im Briefe genanntc Aluise d. h. Luigi Anichin, bald schüne
Frauen hinzugezogen wurdenl). Des Anichirl wird in Pietro
Aretinds Briefen üfter Erwithnrmg gethan, so in eincln Schrei-
ben an Tizian vom Jahrc 1547, worin er diesen zu einem
Souper eiuladet, als dessen Hauptreiz ein paar Fasanen und
die Signora. Angiola Zaifetta aufgeführt werden; er mächte
doch auch den Aniehin mitbringen. Und im Februar 1550
ladet er Sansovino ein und sagt ih1n dabei, Tizian und Ani-
chin würden auch zugegen sein (Ticozzi 164). Auch hat
Tizian (1528) Anichilfs Porträt ge1na1t2).
1) Eine hüchsl; anmuthige Schilderung dieser ,,Art Bacchanale"
gicbt ein Theilnehmer derselben, Francesco Prisciauese in einem 1553
gedruckten Briefe. In dem schünen Garten Tizialfs, von dem aus
man die herrlichste Aussichb auPs Mcer und dic Insel Murano hante,
kamen Pietro Aretiuo, Sansovizlo uml Jacopo Nardi, der bcrühmte
florentinische Geschichtsclmrciher nebst dom Briefschreiber zusanlmen,
und anmuthige Gespräche würzten das treifliche Mahl, zu dem das
Meer mit tausend Gonfleln, auf denen schüxle Frauen weilten und von
denen Musik und Gesang ertünten, einen nichl; minder anmuthigen,
als reich bewegten Hintergrund bildete. Ticozzi 79.
2) Ein Brief des Pietro Aretino an den Grafen Massimiliälll)