Volltext: Künstler-Briefe ([Bd. 1])

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Dieser bei Bott. (Race. VI. 42) abgedruckte Brief dient 
den vorher ausgesprochenen Ansichten über die Zeitbestim- 
mung des Briefes an Vasari in mehrfachei- Hinsicht zur Unter- 
stützung, indem sich daran ein ganz ähnlicher Ciedanken- 
gang, ja. selbst ähnliche Wendungen befinderl, als in jenem; 
wie (lies Wohl zu geschehen pflcgt, wenn man über einen Imd 
denselben Gegenstand an mehrere Personen schreibt. Wahr- 
scheinlich ist dieser Brief kurz nach dem Abgange des vor- 
her mitgetheilten ablehnendcn Schreibens an Vasari geschrie- 
ben worden, Woraus sich daim die gleichsam entschuldigende 
Weisg erkläirt, in welcher Michel Angelo des Versprechens, 
nach Florenz zu kommen, gedenkt. 
Abgesehen aber von dieser speciellen Beziehung liegt 
der grosse Werth des Briefes in der grossen und unerschütter- 
lichen Ausdauer, mit der Michel Angelo an dem fast über 
(lie Kräfte eines Menschcn hinausgehenden und für ihn mit 
tausend Sorgen verbundenen Amte festhält, weil er einmal 
die Ueberzeugung gewonneu, von Gott zu dessen Ausfiilimnig 
bestimmt zu sein. 
Dieser Ueberzeugung, Wio sie oft mit (leu grossen Unter- 
nehmungen des Genius verknüpft zu sein piiegt, entspricht auch 
Michel Angehfs ganzes Verhalten in dieser Angelegenheit, 
indeln er für die unendliche Mühe and zhistrengung, die mit 
der Leitung des Baues verknüpft war, niemals eine Beloh- 
nung irgend einer Art angenommen und, so lieb und theuer 
ihm auch die Heimath war, doch niemals ernstlich daran ge- 
dacht hat, Rom zu verlassexi. Denn trotzdem schon seit 
Jahren ähnliche Versuche und Anerbietungen, Wie sic in dem 
oben mitgetheilten Briefe enthalten sind, gemacht waren, so 
blieb er in seinem Entschluss, das grosse Werk, so lang ihm 
Gott die Kräfte liesse, nicht aufzilgeben, fest, und es sind 
nur immer augenblickliche Missstimmungen in Folgc erlitte- 
ner Kränkungeu, die ihn momentan zur Rückkehr nach Flo- 
renz geneigt crscheinen lassen. 
Ueberdies scheint er sich doch nie ganz mit der neuen. 
Staatseinrichtung in Florenz versühnt zu haben. Denn wenn 
auch Vasari dies wegen seines Verhältnisses zu Cosimo auf 
alle Weise zu bemänteln suchte (vgl. den Brief Vasarfs an 
Üosimo vom 8. April 1560), so geht es (loch ausser manchem 
Andern, (las Wir schon früher einmal angeführt haben, auch ans 
derAl-t hervor, Wie er die vonBenvenuto Cellini ihm überbraclzte 
 Cosimds, nach Florenz zu kommen, zurückwieS. 
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