MICHEL
ANGELO
an
LUCA
INIARTINI.
Rom
[1545
.15471
Vortrefflicher Messer Luea! Ich habe durch Messer Bar-
tolomeo Bettini einen Brief von Eueh nebst einem Büch-
lein erhalten, die Erläuterung eines Sonettes von meiner
Hand enthaltend. Das Sonett rührt wohl von mir her, aber
die Erläuterung kommt vom Himmel. Und in der That ist
sic eine bewundernswürdige Sache, ich sage es nicht nach
meinem Dafiirhalten, sondern nach dem tüchtiger Mänxxer 11m1
zumeist des blesser Donato Giaxlnotti, der sich nicht satt daran
lesen kann und sich Euch empiiehlt.
In Betreif des Sonettes, so weiss ich sehr wohl, wie
dasselbe beschaffczn ist. Aber wie dem auch sei, so kann
ich mjch doch nicht enthalten, etwas Eitelkeit daraus zu
schiipfen, indem es Veranlassung zu eincm so schünen und
gelehrten Kommentaz- geworden ist. Und (la ich ans den Re-
den und Lobeserhebungiän des Autors erkenne, dass derselbe
ein solcher ist, der ich nicht bin, so bitte ich, sprecht lhr zu
ihm, wie es sich gegenüber solcher Liebe, Zuneigung und
Hüi-lichkeit gebührt. Ich ersuche Euch darum, weil ich dazu
nur geringe Kraft in mir üihle; und Wer du im gutenl An-
sehen steht, soll das Geschick nicht herausfordern und besser
ist schweigen, als von hoher Stellung fallen.
Ich bin alt und der nahende Tod hat mir die Gedanken
der Jugenä geraubt, und wer da nicht weiss, was (las Alter
sei, müge nur so lange Geduld haben, bis er dahin gelangt,
eher kann ex-"s nicht erfahren. Empfelüt mich, wie ich ge-
sagt habe, an Varchi, als seiüen Tugenden ungemein zuge-