Volltext: Künstler-Briefe ([Bd. 1])

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Paul HL, Olemens, Nachfolger, mit grossem Eifer betrieb. 
Zum Theil mag er noch mit den Kartons beschäftigt gewc- 
sen sein, zum Theil nlügen aber auch schon einige Parthien 
des Bildes auf der Wand vollendet gewesen sein, so (Iass ex: 
nichts mehr von Pietro Aretinds Ideen benutzen konnte. 
Des letzteren vorerwvähnter Brief ist bei Bottari III. 
86 ff. abgeclruckt 111161 lautet folgendermaassen: 
PIETRO 
Annwnro 
3.11 
den 
gättlichen 
MICHEL 
ANGELO. 
Vencdiga 
September 1537. 
Wie es, verehrungswürdiger Mann! eine Schande für den 
Ruf, und eine Siinde für die Seele eines Menschexl ist, sich 
Grottes nicht zu erinnern, so ist es ein Tadel üir Diejenigen, 
(lie Tugend und Verstand haben, Euch nicht zu verehren, 
der Ihr ein Gegenstand von Bewvunderung seid, auf welchen 
(lie Gunst der Sterne um die XVette alle Pfeile ihrer Gnaden 
abgeschossen hat. Daher lebt verborgen in Euren Händen 
die Idee einer neuen Natur, weshalb die Schwierigkeiten der 
Konturen, Welche (lie grüsste Wissenschaft und Feinheit in 
der Malerei erfordern, Euch so leicht ist, dass Ihr in der 
Begränzung der Kürper das Aeusserste der Kunst zum Ab- 
schluss bringt, einc Sache, von der es die Kunst selbst ge- 
steht, dass es unmüglich sei, sic zur Vollendung zu fiihren. 
Indem nämlich der Unniss, wie Ihr Wisst, sich gleiehsam 
selbst umgeben untl in einer Weise ausgehen muss, rlass er 
beim Zeigen clessen, was er zeigt, Dinge zu versprechen ver- 
müge, wie sie (lie Figuren del-Kapellel) demjenigen verspre; 
chen, die sie besser zu beurtheilen, als blos zu bewundern 
im Stande ist. 
L 
1) Er meint hier die Figuren der Decke in der sixtinischen Ka- 
pelle, dic Nlichel Angelo schon bei weitem früher vollendet batte 
und (lie Pietro Aretino somit kennen konnte, wälmrend Michel Angel0 
damals erst mit der Ansführung des jüngsten Gerichtes begmme" 
hatte. 
Künstler-Briefe.
	        
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