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geschlossen wird, giebt Michel Angelo die Erlauhniss, eine
gewisse Zeit des Jahres auf diese Arbeiteil zu verwenden.
Der Kontralzt war insofern für Michel Angelo und das Ge-
lingen des Werkes selbst wichtig, als die allzu grossa-rtige
Idee, dasselbe von allcn Seiten freistchend zu errichteil, darin
aufgegeben wurde und fortan nur noch von einer Seite die
Rede ist. Bald aber trat ein anderes Hinderniss dazwischen,
indem Clemens VII. in der Absicht, dass Michel Angelo sich
ganz der grosscn Arbeit des jüngsten Gerichtes hingeben
Sollte, den kürzlich erst gebilligten und bestätigten Kontrakt
durch ein Breve wieder aufhob. Michel Angelo, mit aller
Macht bemüht, erst seinen alten Verpflichtungen nachzukom-
men, wird gezwungen jene aufzugeben, und seine Kräfte ganz
der neuen Aufgabe zu widmen.
Es ist überhaupt eine wunderbare- Erscheinung, dass
Michel Angelo zu seinen drei grässten Arheiten, der Decke
der sixtinischen Kapelle, dem jüngsten Gericht daselbst und
dem Bau von S. Peter nicht durch freien Entschluss, son-
dern vielmehr dureh den Zwang derer, die nach seinen
WVerken Verlangen trugen, bewegt wvorden ist.
Der bald darauf (1534) erfolgte Tod Clemens' VII. än-
derte an der Lage der Sache sehr wenig. Denn Paul 111.,
der nach ihm erwählt wurde, hatte keinen lebhafteren Wunsch,
als das Unternehmen seines Vorgängers iris Werk gesetzt uncl
zu Ende geführt zu sehen. Im Jahre 1537 erlässt er ein
Breve, wonach Michel Angelo, der, 11m ungestärt an dem
Grabmale arbeiten zu kännen, schon den Entschhlss gefasst
hatte, Rom zu verlassen, die Arbeiten an dem jüngsten Gre-
richt (nämlich die Vorarbeiten, Kartons etc.) unter keiner Be-
dingung unterbrechen darf. Exkommuxlikation bedroht den
Künstler, wenn er inzwischen sich mit einer andern Arbeit
beschäftigte (Gaye II. 307).
Michel Angelo arbeitete nun also ohne Unterbrechung
an dem jüngsten Gericht und vollendete dasselbe im Jahre
1541. Aber auch jetzt schieil für die Angelegenheiten des
Grabmales noch keine Veränderung eintreten zu sollen. Denn
kaum war jenes kolossale Werk vollendet, so hatte Papst
Paul III. schon wieder eine neue Arbeit Hir Michel Angelo,
(lie er mit demselben Eifer, als die frühere betrieb. Es han-
(lelte sich nämlich 11m die Ailsmalung der neuen, nzieh ihm
benannten Capelle, Paolina im vatikanischen Palast, WO Michel