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Theil wenigstens glaubwürdigen Weise, zu wichtige Ereig"
nisse aus Michel Angelds Leben, 11m in der Reihe dieser
Mittheihlngen ganz übergangen werden zu dürfen.
Was nun aber die Herkunft dieses Briefes betrifft, so
hat für mich die Ansicht Gvayxä-fs grosse Wahrseheinlichkeit,
nach welcher derselbe nicht von Michel Angelo selbst her-
rührt, sondern vielmehr nach den Arlssagen VasarYs und Con-
divfs über diese Angelegenheit zusamxnengestellt ist. Gaye
(Cart. IL, 83 u. 84) führt dafür namentlich den Irrthum in
BetreH der drei Breven Julius" Il. (s. o. S. 195) in der Er-
zählung von Michel Angelds Flucht an, indem in Wahrheit
nur ein solches Breve erlassen zu sein scheint. Es ist das
weiter unten S. 198 mitgetheilte. Mir dagegen seheint in
dieser ganzen, in der Nachsclmrift beigefügten Erzähhmg der
bedeutendste Grund für die Unächtheit des Briefes zu liegen.
Derselbe ist von Michel Angelo nach Reumont ,,im ganzen
Uebermass" seines Aergers und gerechten Zornes gegen klein-
liehe Neider und hänxisehe Verläulnder geschrieben" (a. a. 0.
S. 13). Wie aber ist es nun denkbar, dass Michel Angelo,
ganz von den neuesten Unbilden erfüllt, die ihm in der
tragischen Angelegenheit des Grabmals in so reichem Maasse
zu Theil geworden sind, plützlich eines längst vergangenen
Faktums, mit solcher Ausführliehkeit Erwähnung thun sollte?
Denn mit der Erzählung jener Flueht hat es wohl seine Rich-
tigkeit, aber dieselbe hat, wie die nachfolgenden Dokumente
beweisen, zwanzig resp. dreissig Jahre früher stattgefunden,
als jener Brief gesehrieben sein sol]! Es liegt somit in je-
ner Erzählung eine psyehologische Unwahrscheinlichkeit, die
meiner Ansicht nach allein sehon genügen künnte, die Aechtheit
des Briefes zweifelhaft zu machen.
Auch muss ich gestehen, dass mir die Stelle S. 195
,,In dem, was ich s chreib e, kann ieh mich bloss hinsichtlieh
der Zeitreehnung des früheren oder späteren irren" etwas be-
denklieh erscheint. Denn, ganz abgesehen davon, dass Mi-
chel Angelo den Brief erwiesenermaassen gar nieht selbst ge-
schrieben. hat, scheint mir bei einem leidensehaftlich erregten
und ganz von seiner Angelegexlheit erfüllten Manne eine
seiche kühle Vorausentscl1uldigung etwaiger Irrthümer sehwer
erklärlieh und mit der augenblieklichen Situation kaum ver-
einbar. Bei einem solehen dagegexa, der die Naehrichten au-
derer, gleichviel zu welchem Zwecke, in diesen Brief zusam-