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grossen Heroen, Cosimo und Lorenzo, zu Feinden derselben
Freiheit geworden, die jene geschützi; 11m1 gefärdert hatterx.
Damals handelte es sich um einen Lorenzo, jetzt um einen
Alexanrler. Und was Papst Clemens betrii-"ft, der übrigens
weniger unmittelbar an jenem Kampfe betheiligt war, so hat
ihm Michel Angelo mit einer Liebe und Hingebung gedient,
wie nur je ein Diener seinem Herren, und selbst nach dessen
Tode seine Anhänglichkeit an ihn in rührender Weise be-
kundet').
S0 war Michel Angelo vollständig berechtigt zu seinem
Thun; seine Gesinnung muse vor jedem Richterstuhl als frei
von allem Tadel and vielmehr des hüchsten Lobes würdig
erachtet werden, um so mehr, als dieselbe niemals in Form
einer gehässigen Feindseligkeit auftratg). Und so hat cr
denn auch dieselbe bis in sein hüchstes Alter bewahrt, wvie
wir weiter Lmten an melueren Beispielen nachweisen wverden.
(Erl. zu Br. 55). Er brachte ihr das grüsste Opfer, das er als
Florentiner zu bringen vermochte, er verbanrxte sich selbst
aus dem seiner Freiheit beraubten Vaterlande, und keine An-
erbietungen, so glänzend sie auch waren, vermochten ihn in sei-
nem Entsehluss wankend zu machen. Er, der das Florenz
des Lorenzo gekannt hat und in der Luft der Freiheit gross
geworden War, mochte das unter Oosimds Herrschaft ernie-
drigte Vaterland nicht wieder sehen. Ein Opfer, das um
so grässer erscheint, als seine Vaterlandsliebe tief in seinem
Herzen gewurzelt war, wie sich dies noch spät in dem rüh-
renden, gegen Vasari ausgesprochenen Wunsche ausspricht,
einst neben den Gebeinen seiner Eltern begraben zu liegen.
Dieselbe Festigkeit und Unbeugsamkeit der Gesinnung,
bekundete Michel Angelo in allen Lagen und Verhältnissen
1) S0 weigerte sich Michel Angelo, auf dem Bilde des jüngsten
Gerichtes, das unter Papst Paul III. ausgveführt wurde, das Wappen
dieses Papstes anzubringen, wei] die Idee und der erste Beginn des
Werkes von Clemens VIl. herrührte, und gegelm seinen eigenen Wunsch
musste wirklich der sonst nicht sehr nachgiebige Papst dem Künst-
1er nachgeben, der nun das Wappen Clemens VII. daran anbrachte.
2) Einen Vorwurf der Art, dass niimlich Michel Angelo im
Jahre 1528 vorgeschlagen haben solle, den Palast der Medici zu schlei-
l'en und an dessen Stelle einen freien Platz mit dem Namen ,,piazza
de, nmli" anzulegen, weiset Benedetbo Varchi nach genauen Erkun-
digungen entschieden zurück.