Volltext: Künstler-Briefe ([Bd. 1])

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Stadt der Welt erhoben hatte, brach noch einmal mächtig 
hervor, gepaart mit religiüser Schvwärxnerei, die ihm den Schwung 
eines neuen Enthusiasmus hinzufügte, Vielfach Wurden die 
Künstler der damaligen Zeit von jener Schwvärlnerei ergriffen; 
Fra Bartolomeo della. Port-a war inniger Freund von Giro- 
lomo Savonarola. durch flessen grausamen Tod er fäst zu 
thatenloser Apathie geführt worden wäre, hätte ihn! nicht 
Rafaels Liebenswürdigkeit ins Leben zuriickgerufen. Ebenso 
Lorenzo di Credi, der noch in hohem Alter und mit Krank- 
heit kälnpfend die (lenkwürdige Zeit der Belagerung (1529 
bis 30) in Florenz mit durchmachte (vgl. Br. 52 u. S. 175). 
Viel bestimmter und entscheidendel- War Michel Angelo 
bcrufen, in jenen Kampf einzugreifen. Er hatte immer eine 
grosse Zuneigung zu Savonarola gehabt, las mit Vorliebe 
dessen Schriftexl und hat, wie Oondivi p. 79 erzählt, noch 
im hohen Alter die Erinnerung an dessen Reden immer im 
Gedäclmtrxiss behaltexu. Als jener grosse Kampf nun ausbraeh, 
hatte sich Michel Angelo t-rotz aller Rücksichten seiner Stellung 
mit der ganzen Energie seines Willens auf die Seite äer 
IH-eiheit gestellt. Dem Gebote einer hüheren Notlnvendigkeit 
fblgerld, hat er selbst nicht angestanden, gegen die Familie 
(ler Blediceer, an die ilm Dank und Freundschaft kettete, 
(lie Waffcn zu ergreifexll). Man hat Miohel Angelo dies wohl 
zum Vorwurf gemacht 11m1 es {Tir Undank gehalten, wenn er 
später Florenz gegen clic ISIediceer vertheidigt hat. Aber 
darin liegt eine grosse Ungerechtigkeit gegen den Künstler. 
Man beachte nur den Unterschied zwischen Daüxals und Jetzt, 
zwischen den Mediceern jener glücklichen Periode und denen, 
(lie in dem gegenwärtigen Kampfe (lie Hauptrolle spielten. 
Damals waren sic die Vertreter der Volksfreiheit gegen eine 
übermüthige Azlelsparthei, denn das Urtheil über die Medi- 
ceer mag ausfallen, wie es wolle, darüber stimmen Alle, die da 
loben, wie die, die (la tadeln, überein, darin bestand ihre 
Aufgabe, deren Erfüllung sie gross und Florenz glücklich ge- 
macht hat. Im Jahre 1529 waren (lie Nachkmnmen jener 
1) Die alte Freiheitsliebe der Florentincr, jener Geist, der inmit- 
mitten der grüssten äusserlichen Bedrängnisse die grüssten Wunder- 
werke schuf, schien in dem Michel Angelo gleichsam verkürpert; 
rlicse Freiheitsliebe leuchtete mit um so hellerem Glanze, da es ihr 
letztes Aufflammen war. A. v. Reumont Beiträge zur italien. Ge- 
schiclzte 1., 290.
	        
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