Volltext: Künstler-Briefe ([Bd. 1])

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Doch Viele schon zog hüchstes Glück zum Iicigcn 
Des Torles  drum verstummt, Eri1111erunge11! 
Und, Deiner immer denkend, will ich schweigen. 
Es mag vielleicht erwünseht sein, zu den Briefen Ra- 
fäeYs eines von den drei Sonetten zu gesellen, deren von 
Rafaefs Hand geschriebene Entwürfe man auf der Rückseite 
von Studienblättern zu einigen der Figuren des grossen Wand- 
gemäldes der Theologie oder der Disputa, geftlnden hat, wel- 
ches sein erstes Werk nach seiner im Jabre 1508 erfolgten 
Beruü111g nach Rom im Vatikaxl War. Ist es doch auch ein 
un die Geliebte gerichteter Brief, nur zu fest begrenzter, 
poetischer Form gerundet. Ueberdies kommt auch hier wie- 
der jenes psychologische Interesse mit in's Spiel, des wir 
schon einmal bei Gelegenheit des Briefes an Paris Alfani 
hervorheben mussten. Der Erguss begeistertcr Liebe, 11m so 
wahrer, als der dichtende Kiinster noch selbst im Suchen des 
Ausdruckes befang-en istl), geht auch hier Hand in Hand mit 
der hüchstgesteigerten Thätigkeit des Geistes, die Rafael ge- 
rade damals in den Malereien (les (hrrch hüchste Vollendung der 
Ausführung, Wie durch den grüssten Reichthunl des Gedan- 
keninhalts ausgezeichneten ersten Zimmers des Vatikan be- 
kundete. Eine Gemeinsamkeit der Grefühle, die J. J. Rous- 
seau in der neuen Heloise so schün ausgesprochen hat: "die 
wahre Liebe ist ein zehrendes Feuer, das seine (iluth in die 
übrigen Gefühle überträgt und diese mit neuer Kraft belebt; 
deshalb hat man gesagt, dass die IÄObO  'Wer 
je Liebe empfunden, der Wird bewusst oder unbewusst 
an sich selber jene Steigerung aller Seelenkräfte zu einer 
über das gewiihlüiche Maass hinausgehenden Thätigkeit erfah- 
ren haben. Und wie sollten beide nicht noch inniger bei Rafael 
verbunden sein, dessen Seele so ganz voll von unbegränztel- 
Liebe und dessen Kunst so ganz von Beiner innersten Seele 
erfüllt waren? Bei Rafael, dessen hohes Meisterwerk, die 
1) Nach dem Catalogue of une hundred originel drax-vings by 
Rnlfaelle collected by Sir Thomas Lawrence, Lond.1836, dessen 
freundliche Mittheilung ich denl Herrn Direktor Waagen verdanke, be- 
findct sich das eine jener Sonettc (Nr. Il. hui Passavant) auf der 
liückscite cines Studienblabtes zu der Schulc von Athen. Das daselbst 
S. 22. nlitgcbheilte Facsimile zeigt chenfalls zahlreiche Aenderunlgeu 
und Verbesscrungen.
	        
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