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nun der am Ziel seiner Laufbahn stehende Francia in dem
strebenclen Jüngling den grüssten Meister der Ztlküflft ahnt,
der ihn, wie alle anderen Maler zu überflügeln bestimmt
war, and wie er (lies mit ebenso viel Freimuth als Beschei-
denheit offen anerkennt, bezeugt in waln-haft rührender Weise
(las oben mitgetheilte Sonett. Wie aber auch Rafael mit
inniger Liebe and Verehrung gegen den älteren Kunstgenossen
erfüllt war, geht ans dam Briefe hervor, den et im Jahre
1508 an Francesco richtet, und dan wir weiter unten
mittheilen werclen. Für die Zeit der Abfassung des Sonettes
sind, soviel ich weiss, keine- bestimmtexx Anhaltspunkte be-
kannt, indess wird man kaum 11m ein Bedeutendes irren, WEHH
man dieselbe ungefähr in die Zeit jenes rafaelischen Brie-
fes setzt.
GIOvANNx
DA
BRESCIA
3.11
lien
Dogen
VOH
Venedig.
Venedig, 20. April
1514.
Da es sich zugetragen, dass Supplikant, der sich der
Kunst befleissigt, eine Zeichnung gemacht und dieselbe in
seinem Namen in Holz hat schneiden lassen, worauf er viel
Zeit, Mühe und Kosten verwendet, und er hat alles gern
gethan, indem er nach Ehre strebt und danaeh auch chu-ch
seine Mühcn und Anstrengungen einigen Nutzen und Vor-
theil von besagtem WVerk zu erlangen glaubte, welches (lie
Geschichte des Kaisers Trajanus (larstellt.
Unrl (la er, Supplikant, einige Proben von seinem Werk
machen wollte und sehen, wie dasselbe ausfiele, so hat er
einen Theil davon drucken lassen, mit der Absicht, nachher
das Ganze herauszugeben. Und da nun in der That (lie
Zeichnung 11m1 das besagte Werk schün und trefflich ist,
so haben sich sogleich einige andere derselben bemächtigt