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FRANCESCO
FRANCIA
an
RAFAEL
SANZIO.
IBOIOgna, ca.
Nicht Zeuxis bin ich noch Apelf (lie Ehren
S0 grosser Männer muss ich von mir weisen;
Nicht darf mich Rafael unsterblich preisen,
Noch mein Talent so hohen Ruhm begehren.
Nur Dir allein wo]lt' es ein Gott gewähren
Nur Dir so grosser Tugend Gnad' erweisen,
Dass Du vermagst der Künste wahre Weisen
Die Alten, die Du übertrafst, zu lehren.
Glücksefger Jüngling, wenig Sommer alt
Hebt über Tausend Dich Dein kühnes Streben!
Was erst, Wenn Dich Erfahrung reift und Leben?
Dann wird, von Deiner Zauberhand Gewalt
Besiegt, Natur in lautes Lob entbrennen
Und Dich allein der Maler Fürsten nennen!
Es sei gestattet, hier die metrische Uebersetzung des von
Malvasia in der Felsina pittrice mitgetheilten Sonnettes ein-
zureihen, das immer als ein schänes Denkmal der liebens-
würdigsten Bescheidenheit des liebenswürdigen und zarterx
Meisters von Bologna und von dessen innigem Verhältnisse
zu dem jungen Rafael gelten wird. Rafael batte gewiss
schon früh von dem Ruhme des dznnals zu clen ersten und
berleutendsten Kiinstlern gezählten Francesco Francia
gehärt, indem einer von dessen Sclxülern Timoteo delle
Viti eine Zeit lang mit ihm beim Pietro Perugino zu-
sammenarbeitete; ja. vielleicht ist der Wunsch, den schon be-
jahrten Meister kennen zu lernen, mit eine Veranlassung für
Rafael geworden, im Jahre 1505, wie es Passavant wahr-
scheinlich macht (p. 25 ffi), nach Bologna zu gehen. Wie