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Für die Diünche von S. Agostino hatte Pictro Peruginn
schon im Jahrc 1502 die Ausfiihrung ciner auf beiden Seiten
zu bemalenden Altartafel übernommen, auf welcher nach der
Kirche zu (lie Taufe, nach dem Chore zu ("lie Gcburt Christi
dargestellt werden sollte. Andere Arbeiten des vielbeschäif-
tigten Meisters und dessen langjährige Abwesenhcit von Pcrugia
hatten indess die Ausführung des Werkes verschoben, bis
Pietro im Jahre 1512 von Florenz zurückkehrte und sogleich
der längst übernommenen Verpflichtu11g nachzukommen sich
beeilte. Wahrscheinlich waren bei dem rlem Künstler zuge-
sicherten Honorar auch Naturallieferungen mit inbegriHbn, ufnd
eine solche ist es denn, auf welche sich die in den obigen
Zeilen enthaltene Anweisung auf eine Soma Getreide bezieht,
welche die Münche an 41611 besagten Angelo di Benedetto verab-
folgen sollen. Das, Wie aueh die übrigen Schreiben Paru-
gino's, sehr schlecht geschriebene Orig-inalbillett, befand sich
bis zur Zeit der franzüsischen Herrschaft in Italien in der
Sakristei von S. Agostino, zu welcher Zeit es mach der Aka-
demie von Perugia gebracht wurde, um als ein eigenthüm-
liches Dokument zut Kunst-geschiehte bis auf den hcutigen
Tag daselbst sorgfaltig aufbewahrt zu werden. Eine Fncsi-
mile ist von Mezzanotte, a. a. O. App. p. 300 mitgetheilt
woräen.
Das Doppelbild selbst wurde späterhin getrennt und clic
beiden Bilcler, die, namentlich dia Taufe, ebenfalls mit zu
den besseren des Perugino gezählt werden, einzeln in jencr
Kirche aufgestcllt.
LEONARDO
DA
Vmcx.
Indem wir uns den Meistern der Blüthezeit des sechs-
zehnten Jahrhunderts zuwenden, tritt uns sogleich Leonardo
da Vinci entgegen, der gleichsam den Uebergang der
Kunst des fünfzehnten in (lie des sechszehnten Jahrhunderts
verkärpert darstellt.
Vergleicht man Leonardo mit den Künstlern der voran-
gegangenen Zeit, S0 bietet sich eine überraschende Aehnlich-
keit mit Leon Batista Alberti dur. Wie dieser, war auch
Leonardo mit Vorzügen des Kürpers und Geistes in eineln