Volltext: Kunstästhetische Sünden

DIE 
SCHÖNE 
GALATHEE. 
Ruhe 
wieder 
im 
Haus 
bis 
alles 
blitzte 
und 
funkelte 
wie 
ihre Augen. Die Unordnung, auf die ich früher so stolz war, war 
einer malerischen, traulichen Ordnung gewichen. lVlarietta, die 
sich sonst auf ihre Geschäftigkeit viel einbildete, war ganz nieder- 
geschlagen, dass sie fast ausser Kurs gesetzt wurde. Dass das 
Götterkind eine solche lhätigkeit entfalten könne, war ihr und 
mir nicht im Traume eingefallen. Natürlich musste sich die 
Kunde von meiner emsigen Hausfrau mit Blitzesschnelle ver- 
breiten in der Künstlerkolonie und diese liess auch nicht auf sich 
warten 
um 
Wunder 
das 
anzustaunen und 
mich 
beneiden. 
Kaum dass das Vesperglöcklein verklungen und die Sonne mit 
ihren letzten Scheidegrüssen die hehre Kuppel des Peterdcnnes 
vergoldet hatte, kam in hellen Schaaren das lustige Völkchen 
angerückt. Alle Herrlichkeiten, die. Küche und Keller boten, 
schleppte Marietta eifrig herbei. Galathee war mit queclzsilbriger 
Beweglichkeit bald hier um ihren Geist blitzen, ihrem Humor die 
Zügel schiessen zu lassen, bald da um durch ihre klassische 
Schönheit zu glänzen. War es ihre Anmut und Lieblichkeit, ihr 
sylphidenartiger elastischer Gang, die Grazie, der Adel aller ihrer 
Bewegungen, sie wurde bald aller Liebling. und mein Heim die 
Axe, um die sich die akademischen junger drehten. Wenn dann 
der rote Falerner Wein das Blut in Wallung gebracht, wenn Ga- 
lathee einem jeden mit ihrem bezaubernden Lächeln freundlich 
zugetrunken, dann spielten die Zigeuner ihre feurigen Weisen 
auf. Die Castagnetten erklangen und alles schwang sich freudig 
und vergnügt in der Tarantella. Selbst ich. der ruhig reflek- 
tierende Denker, wurde von der allgemeinen Ausgelassenheit 
hingerissen, verjüngt durch die beseligende Nähe Galathees. Ich 
wäre der Glücklichste aller Sterblichen gewesen. Die Götter aber 
hatten es anders beschlossen. Dem Körper hatten sie Leben 
geben können. Das Herz aber war eisiger Marmor geblieben. 
ää
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.