Volltext: Kunstästhetische Sünden

DIE 
VERDIENSTE 
DER 
VANDALEN 
DIE 
KUNST. 
aufs genaueste entsprachen. Sogar in dem Mixtum compositum 
der zeitgenössischen Kunstwirtschaft blickt aus der allgemeinen 
Verschwommenheit diese Wahrheit hindurch. Ein Makart ist 
doch blos in Wien möglich! 
Die Kunst ist keine Weltmünze. S0 ergeht es jeder irgendwo 
auftauchenden neuen Kunstrichtung, wenn sie auf gesunden 
Grundlagen beruht und demgemäss wirklich nachhaltigen Wert 
hat wie unseren 20 Mark-Stücken. So vollwichtig dieselben ge- 
prägt waren, so wollten sie sich doch im Anfang erst schwer 
im Ausland einführen. Dann aber wurden sie massenweis nach 
auswärts exportiert. Nicht um sofort unverändert ausgegeben, 
sondern um eingeschmolzen und umgeprägt zu werden. S0 
wurden in England aus ihnen Sovereigns, in Frankreich Napo- 
leons. ln ähnlicher Weise ergeht es jedem neuen Kunststil, der 
seine Wanderreise antritt. Überall wird er lokalisiert, umge- 
modelt und den veränderten Verhältnissen angepasst. 
Es liegt auf der Hand dass heutzutage bei dem erschreckend 
realistischen Kampf ums Dasein eine so allgemeine Blüte der 
Kunst und Kunstindustrie wie sie aller Orten im Zeitalter des 
ausgehenden Mittelalters stattfand, nur gedacht aber nicht ver- 
wirklicht werden kann. Es giebt zwar Kunst- und Kunstgewerbe- 
schulen in schwerer Menge, es werden Architekten, Bildhauer 
und Maler in unzählbaren Mengen herangebildet, es werden 
tausende von Meterzentnern Farbe jährlich auf die Leinwand 
hingehauen, allein die Herren Akademiker ziehen alle die 
gleichen Striche und lernen die gleichen Sprüche am lsar- wie 
am Elbestrand, in Preussen und im Schwabenland. 
Sind sie dann glücklich mit einem riesigen Diplom der Aka- 
demie entronnen, dann können sie alles schwarz auf weiss nach 
Haus in vollgepfropften Mappen tragen, die sich in- und aus- 
wendig gleichen wie ein Bahnhof dem andern. Sollen sie dann 
irgend eine Kirche bauen, so greifen sie zur geliebten Motiv-
	        
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