ÜBER
MODERNE
KUNSTKRITIK.
Kreis der Ausgewählten in wahrhaft erschreckender Schnelligkeit.
Kaum dass ein Stern am Kunstiirmament aufgegangen mit leuch-
tender Helligkeit und funkelnder Farbenpracht weithin zu strahlen
anfängt, zieht ein ünsteres Geschick ihn schon wieder in den
düstern Orkus unerbittlich hinab. Die entfesselten Schwingen
einer unerschöpflichen himmelemporstrebenden Phantasie kaum
entfaltet, werden gelähmt, um abermals in die Ketten der ir-
dischen Naturgesetze geschlagen zu werden. Giebt es uns nicht
zu tieferem Nachdenken, zu äusserst ernsten Gedanken gegründete
Veranlassung, wenn wir sehen, dass auf die schöpferische Kraft
unserer beiden am genialsten veranlagten Dekorationsmeister
Hanns Makart in Wien und Adolf Gnauth in Nürnberg sich
unerhellbare geistige Nacht gelagert hatte und dass beide kaum
ins Mannesalter eingetreten schon vom kühlen Rasen bedeckt
werden!
Bei dem Kapitel Schule ist ein Angriff auf die modernen
Anilinfarben und deren kurze Lebensdauer ganz in der Ordnung
unter Hinweis auf die unerreich- unvergleich- und unverbleich-
bare Farbenglut der alten Venetianer. Auch das Beiseitelassen
des Pinsels,ddas Farbauftragen direkt mit der Tube oder Farben-
blase die sog. Spritz- und Reliefmalerei und die masslose An-
wendung des Spachtels und des Pinselstiels, um eine sogenannte
Zeichnung herbeizuführen, kann man bei den neuen Schulen rügend
aufstechen. Hängt die Farbe in Form von Würsten auf dem Bilde
herum, so sagt man: An dem Bilde ist was dran, nämlich Farbe.
X. Die Grazie der Empfindung, die Poesie der Komposition,
die über dem ganzen Bilde wie die purpurne Morgenröte über
das blühende Thal ausgegossen ist, die feinfühlige Verschmelzung
der angeschlagenen Farbentöne zu einem harmonischen Akkord,
der zarte Duft der Luftperspektive, die grandiose Fülle von Leben
und Lust verbunden mit starkem Impasto zählen das Bild zu den
besten des Meisters, die er je geschaffen. Ein ganz ähnliches