ÜBER
MODERNE
KUN STKRITIK.
onkel dort. Wer noch nicht an Ort und Stelle gewesen, empfängt
erst recht die Lust zum Reisen. „Nächsten Sommer will ich, so
Gott Will, mit meiner Alten auch hin." Oder umgedreht: „Was
ich dort unter allem möglichen Ärger mit Führern, Kellnern u. s. W.
zwar in natura aber doch nur bei Regenwetter (vergl. Salzburg)
habe, habe ich hier im Bilde bequemer und spare die Mühen und
Kosten der Reise." Eine komponierte Landschaft dagegen er-
weckt alle diese Erinnerungen und Hoffnungen nicht.
Bei einer Beurteilung von Landschaften hat man vor allem
auf die Gründe Rücksicht zu nehmen. Doch haben diese wie
überhaupt die gesamte Kunstkritik nichts mit der Logik zu
schaffen, sondern teilen sich wie man vom Theater her weiss
in Vorder-, lViittel- und Hintergründe. Von Schönheit der
Linien und der Silhouette, harmonischen Massenverteilen, von
der eigentümlich wirkenden originellen Beleuchtung muss man
Heissig reden, weniger vom Baumschlag. Den Schlagschatten,
weil ganz aus der Mode, darf man nicht wieder aufwärmen, da-
für gebraucht man besser "Clairobscur" oder "Helldunkel", denn
jener verschlingt die Farben und Linien, während dieses sie bloss
a la Correggio malerisch abdämpft.
Dagegen wird man sich sofort den Heiligenschein eines ge-
diegenen Kunstkenners verschaffen, wenn man über die Perspektive
in gesetzten, abgemessenen Worten sich ergeht. Es giebt Luft-
Linien- Vogel und Froschperspektive. Erstere beiden bedeuten
die Veränderung der Farbe bez. die Verkürzung der Linien.
welche die Gegenstände je nach dem Grade ihrer Entfernung
vom Auge des Künstlers erleiden. So sieht ein grüner Kunst-
kritiker, der blauen Dunst Vormacht, schon in einiger Entfernung
ganz farblos aus. Die andern beiden Perspektiven haben mit et-
waiger Veränderung der Vögel und Frösche nichts zu thun,
sondern bedeuten nur den niedern oder höhern Standpunkt des
Künsters (nicht im Verhältniss zu andern Künstlern oder zur Kunst