THEORIE.
sitzend und stehend verweilen und die Manipulation mit der
Guckröhre wiederholt anwenden. Zur Historienmalerei rechnen
wir alle Darstellungen von Scenen aus der weltlichen und geist-
lichen Historie und der Mythologie. Allein da man glaubte im
XIX. Jahrhundert die Kirche als überwundenen Standpunkt hin-
zustellen, da man jeden der sein Heim mit religiösen Bildern,
den verfehmten Heiligenbildern schmückt, kohlpechrabenschwarz
anmalt, so hat sich die Produktion von Bildern aus der heiligen
Geschichte gegen früher unleugbar vermindert. Aber auch die
Darstellungen aus der weltlichen Geschichte nehmen in be-
denklicher Weise ab. Sie haben das Unangenehme, dass sie,
stellen sie Scenen vergangner Zeiten dar, uns zu fern liegen, wenn
das Kostüm treu gehalten ist. Es müsste denn uns vom Theater
her bekannt, also unhistorisch sein. Stellen sie aber Erlebnisse
der heutigen Geschichte dar, so steht jeder malerischen Wirkung
unsere abgeschmackt hässliche Kleidung hemmend entgegen.
Und sie ganz weglassen a la Makart will doch auch nicht einjeder.
Eine recht ausgiebige Erfindung hat man in neuerer Zeit
gemacht durch die Taufe von Aktstudien. Das heisst, man
malt auf der Akademie zum Studium ein Modell in irgend einer
hübschen Stellung manchmal mit mehr oder weniger kostbaren
Stoffen oder mit Evas Kostüm bekleidet und schickt dann die
Studie unter irgend einem stolzen hochtrabenden Namen auf die
Ausstellung. Hat man ein nacktes Modell, so malt man noch
einen Pfahl daneben und spickt den Körper munter mit Pfeilen.
Na das ist der heilige Sebastian. Ist das Modell aber ein weib-
liches und hat man noch so an 11000 jungfräulein gerade bei
der Hand, so steckt man nur einen Pfeil durch den Chignon und
nennt es St. Ursula. Hält es eine alte Schwarte im Arm und
kann lesen, so malt man noch einige Felsen herum, das ist dann
eine rührende büssende Magdalena. Will 'man unter seinem
Kremser Weiss etwas aufräumen, so legt man das mit Leinwand