THEORIE
hängt dann gewöhnlich im Salon über dem Pianoforte und zeichnet
sich abgesehen von allem Andern hauptsächlich durch einen kost-
baren Goldbarockrahmen aus. Auch pflegen sie als geheiligte
Reliquie ihrer Jugendsünden ein Stück echt chinesischer Tusche
sorgfältig sich aufzubewahren.
Als Geist übers Ganze schweben die Kunsthistoriker, aus
denen sich dann wieder die Kunstästhetiker herauskrystalli-
sieren. Glücklicherweise giebt es von dieser äusserst gefährlichen
Menschensorte nur ganz wenig völlig ausgewachsene Exemplare.
Der Kampf ums Dasein fegt sie unerbittlich hinweg oder nagelt
sie als Privatdocenten ohne Gehalt an einem kleinen Universi-
tätchen fest. Am rätlichsten ist die hochiliegenden Pläne der
idealen Jugend fahren zu lassen, die Hebung der Kunst oder
Förderung des heimischen Kunstgewerbes oder wie die hohlen
Phrasen heissen, hinter denen man seine Eitelkeit zu verstecken
beliebt ,
sich
selbst
ZU
überlassen
und
die
melkende
Kuh
Zll
poussieren.
Die kann nun verschieden sein.
Ein wissenschaftlicher
Freund von mir, ein
macht brillante Tinte,
ebensolcher
ein anderer
idealer
handelt
Schwärmer
mit echten
wie ich,
oder un-
Antiquitäten,
echten
ich mit fetten Schweinen,
ich zu
wobei
der
moralischen Überzeugung gekommen bin, dass bei Schweine-
fütterung Kukurutz denn doch rentabler ist als Kartoffelschlempe.
Natürlich werden wir von den eigentlichen Künstlern über
die Achsel angesehen, vorausgesetzt, dass sie nicht selbst Kunst-
scribaxe sind:
Verstaubt ist die Palette, der Malstock steht dabei,
Darunter sitzt der Pinsel und treibt Schriftstellerei!
Ein Künstler ist heutzutage schwer zu definieren. Ein sorgloser
zum Geldausgeben geneigter, federbehüteter, sammtberockter,
langbehaarter, schön gewachsener Idealist mit blitzenden Augen
war wohl vorzeiten passend, allein jetzt nicht mehr. Heute beruht
der Schwerpunkt nur auf dem leidigen Geld, ist also auch hier das