ÜBER
MODERNE
KUNSTKRITIK.
Sekunde
kann
man
sich
omnia
blamieren
szecula swculorum
Eine praktische, leicht fassliche, dabei kurze Anleitung, wie wir
das uns in Museen, Ausstellungen u. s. W. so reichlich dargebotene
Kunstmaterial auch wirklich geniessen, wie wir in den Ruf kommen
können, alles auch richtig verstanden zu haben, fehlt noch immer.
Was nützt es uns, wenn wir vor ein elektrisch erleuchtetes Meister-
werk ersten Ranges gestellt werden
wie wir die bemalte Leinwandfläche
und keine
beurteilen
Ahnung haben,
sollen. Nur im
ge ä u ss e r t en Kunsturteil liegt der wahre Genuss, nur durch eine
Kunstreßexion kann man beweisen, dass man etwas von der Sache
versteht.
Wie
oft
kommt
V01. v
dass
der
verständnisbaaren
Menge
Bild
ein
oben
einer dustern Ecke einer Gallerie recht
wohl gefällt. Ja aber es laut zu loben ist doch zu gefährlich, man
würde höchst wahrscheinlich der hochwohlweisen, unfehlbaren
Hängekommission einigermassen in die Haare geraten. Denn
wenn das Bild vom höhern, kunstästhetischen Standpunkt aus gut
wäre, würde sie sicher geruht haben es in ein besseres Licht
zu bringen. Oder dort staunen wir ein Riesenbild von Muncacsy
an, das mit der altehrwürdigen Tradition, mit den lieb und
teuern Erzählungen unserer guten Mutter, denen wir als Kinder
andächtig zulauschten, in grellem Widerspruch steht. Auch das
angebliche Telegramm, das Muncacsy an seine Frau bei seiner
Erhebung in den Ritterstand absendete, vermag uns für ihn, den
Löwen des Tages, nicht zu erwärmen. Es lautet:
Muncacs den 2oten. Madame Muncacsy de Muncacs. Paris.
Hötel Muncacsy. Rue de Muncacsy. Soeben in Muncacs zum
Ritter Muncacsy de Muncacs ernannt. Ewig Dein Ritter Mun-
cacsy de Muncacs.
Wir
müssten
das
Bild
loben,
das
Wollen
wir
nicht.
Wir
möchten es tadeln und wagen es nicht. S0 geraten wir aus einer
Charybdis in die andere, so wird unsere harmlose Freude an der
Kunst uns gründlich verleidet.