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Vierter
Abschnitt.
ähnlich verfahrt, so ist für die (lamalige Zeit charakte-
ristisch, dass auch der Fremde, speziell der Deutsche sich
zu der gleichen Genügsamkeit herbeiliess. Diese erklärt
sich aus jener enthusiastischen Freude an allem Römi-
schen, die sich nicht. nur auf Kunst und (leschichte, auf
Land und Meer erstreckte, sondern ebenso auch auf das
Volksleben in all seinen Formen und Älusserungen. Unsere
deutschen Künstler betrachteten auch die Bevölkerung-
als ein von der Sonne geliebtes. beglücktes (ireschlecht.
dessen Leben sich freilich nicht mit dem Glück (leas-
Parzulieses oder goldenen Zeitalters vergleichen liess. da
es von Mord. und blutigen Rachetaten durchsetzt war.
Aber diese störten nicht den vorherrschenden Charakter
des Bildes, die Plinstimmigkeit des hlenschen mit der
Natur, die daraus iliessende heitere Geinütsstimnunig:
welche den im damaligen Deutschland konxrentionell ver-
bildeten und verschüchterteii Deutschen wie eine zauber-
volle (Jrabe der olympischen (jiötter erschien. Es kam
hinzu, dass das materielle Elend damals nicht so gross
war wie in Folgfe der Revolutions- und Kriegsperiode
ZVßYztl1Zig' Jahre später; Rom ernährte im Ganzen seine
Bevölkerung; bei den gweringen Ansprüchen und Bedürf-
nissen, deren Befriedigung sie vom Schicksal verlangte.
Mit dieser Bevölkerung' lebten die deutschen Künstler
in einer nnbefang'enen Frühlichlteit wie Kinder mit
Kindern, und selbst ein Goethe entzoer sich nicht dem
behaglichen Eindruck des Lebens in der einfachen
römischen Familie, Welche die Fremden in ihren engen
bescheidenen Kreis aufnahm und fühlte sich menschlich
befriedigt, wenn die Hausfrau Abends mit einem „F e-
licissimzi notte" die Lampe auf den runden Tisch setzte
und sich die Gesellschaft um dieses primitive Möbel wer-
sammelte. Der Aberglaube der Leute wurde als kind-
liche Beschränktheit, ihre kleinen Schliche als kindliche
[Inarten beurteilt; beides vielleicht zu milde, aber doch
insoweit richtigy als Beides keinesfalls mit deutschem
Massstab gemessen werden kann. Diese Nachsicht wurde
den Deutschen nun auch mit wirklicher Anhänglichkeit