(ioethefs
erster
A nfemh:
Rom
1 786-
1787.
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vor allem Rafael übrig: Wenn Mengs diesem seinerzeit
Tizian und (Üiorreggio gleichgestellt, in einzelnen Be-
ziehungen vorgezogen hatte, so wurde jetzt Rafael mehr
und mehr als der Einzige anerkannt. Selbst der Antike
glaubte man ihn vergleichen zu dürfen. "Wenn Rafael
in der Vision des Ezechiel den Gottvater in kolossalem
Hassstab ausgeführt hätte, urteilt Goethe's Freund,
Heinrich Meyer so würde er den Zeus des Phidias
erreicht haben." Wie iletaillirt die Stanzen und Loggien
studiert wurden, davon geben desselben Schriftstellers
Aufsätze, die später in (ioetheis Propyläen erschienen.
ein (leutliches Bild. Mit kurzen, schlagenden Werten
stellte Goethe RafaeTs Grösse fest: „Rafael hat wie die
Natur allezeit recht, und eben da am Meisten, wo wir
ihn am Wenigsten begreifen." Wenn wir zu unserem
Befremden zugleich wahrnehmen, dass man die späteren
eklektischen Künstler, die Caracci, dann Gluido Reni.
Uoniiiiicliinti ausnehmend hoch schätzte, so erklärt sich
das nicht aus einem mangelhaften künstlerischen Ver-
ständnis denn bedeutende (Qualitäten wird kein Un-
parteiischer den Werken der genannten Künstler ab-
sprechen sondern aus (lem mangelnden historischen
Verständnis und Urteil. welches zwischen dem Verdienst
einer selbständig suchenden und iindenden und dem einer
geschickt benutzenden und nachempiiiicl enden Kunstepoche
noch nicht zu scheiden Wusste. Immerhin brauchten sich
die damaligen Iiünstler und Kunstfreunde des Wohl-
gefallens nicht zu schämen, das sie an Annibale Caraccfs
Fresken im Palazzo Farnese, an Doniinichinos in (lrotta
Ferratzi und S. Andrea della V alle fanden, Werken, die
heute nnverhältnismässig gering geachtet werden.
Die Begeisterung; welche diese in Kunst und Ge-
schichte schweigenden Schüler Italiens empfanden, hatte
freilich zur Kehrseite eine arge Kritiklosikeit. Sie ent-
zückten sich oft vor einem Bilde ihres Lieblingxsiiialers,
das heutzutage Niemand mehr auch nur in Beziehung
zu diesem Meister setzt. Es entwickelte sich zugleich
eine wahre Manie. Werke bedeutender Meister wieder
H arnau-k, Kilnstlolaen. i.)