Aufenthalt
erster
Goethe's
in Rom
1786-
53
Wer so sehr allem Erzwnngenen, Unorganisohen
feind war wie Goethe, dem musste solches Auftreten
und solche Wirkung auf's höchste missfallen. Wer so
sehr des eigenen Kunstverständnisses und seines künst-
lerisch erziehenden Lebensberufs sicher war, der musste
den schroff von sich weisen, dessen Empfindung sich mit
so unlauteren Elementen mischte und der so tumultuarisclie
Mittel anwandte, um sein Evangelium zu verkünden.
Wie Luther die Schwarmgeister, so verabscheute Goethe
Heinse und den "Ardinghello". Und im Jahr 1786 zog
61' selbst über die Alpen, um seine allen Deutschen vor-
bildlich gewordene „Italienische Reise" zu erleben und
durchzuproben.
Vierter
Abschnitt.
Goethe's
erster
Aufenthalt
in
Rom
1786-
1787.
Es war am 29. Oktober 1786, dass Goethe durch
die Porta del Popolo in Rom einfuhr, erfüllt nur von
dem Drang zu sehen und zu erkennen, aber bestimmt
Selbst als eine staunenerweckende Erscheinung" hier zu
wirken und zu erziehen. Bis dahin war er gereist, ohne
mehr einzuheimsen als was er aus Büchern schon gelernt
hatte; er hatte das Land, das Volk, die Kunst mit
Sympathie, aber doch ruhiger Kritik beobachtet. Jetzt
fühlte er sich überwältigt, wenn auch nicht überrascht;
hatte er doch in 'l'erni schon mit der Sehnsucht eines
Priesters, der eine Offenbarung erwartet, ausgerufen:
"Rom! Rom! Noch zwei Nächte! und wenn uns
der Engel des Herrn nicht auf dem Wege schlagt, sind
Wil" da." Und als er eingetroffen war, schrieb er: „Ich
fange nun erst an zu leben und verehre meinen Genius."
D61" Genius, der ihn dahin geführt hatte, war zugleich