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Dritter
Abschnitt.
waren, mussten sie sich fügen. Wenn jedoch das freie
Schaffen der Künstler auf diesem Wege beeinträchtigt
wurde, so war der Zivang des Copirens desto nützlicher
für die jüngeren, noch in der Ausbildung begriffenen
Künstler, welche darin die beste Schule ihres Könnens
fanden. Weit war man damals entfernt von dem sonder-
baren, heutzutage herrschenden Dünkel, nach welchem
"durch die Nachahmung gi-osser Meister die Entwicklung'
des Künstlers geschädigt werden soll, als 0b nicht, in
jedem Beruf der Schiller vom Meister zu lernen hatte,
und sich freuen müsste, wenn das günstige Schicksal ihm
zu lernen erlaubt. Vielmehr beherrschte dies Gefühl
der ehrfurchtswrollen Freude gwanz und gar die jungen
Enthusiasten, wenn sie zum ersten Mal das Vatikanische
Belvedere oder die Stanzen und Loggien betraten.
Und nicht minder wie die Künstler auch die Schrift-
steller. Sie bilden ein Wichtiges Conting-ent der deutschen
Romfalnrer; sie vor Allen vermittelten die stete geistige
Verbindung zwischen den Künstlern und dem hlutter-
lande; sie verbreiteten in immer Weitere Kreise die Bot-
schaft von dem unvergleichlichen Glück des römischen
Daseins, Welche ein Mengs und Winckelmann doch nur
Wenigen Auserivahlten Verkündet hatten. Auch von ihnen
traf eine zahlreiche Schaar während der achtziger Jahre
in Rom ein.
Erst allmählich entwickelten sich zu Schriftstellern
Heinrich Meyer und Aloys Hirt. Den ersteren
haben wir schon flüchtig keimen gelernt und werden ihn
noch oft nennen müssen. Ihn machte der 'l'rieb der Be-
obachtung' und der Generalisirung" des Beobachteten all-
mahlich zum wissenschaftlichen Schriftsteller; wenn auch
sein Hauptwerk endlich eine Geschichte der Kunst ge-
worden ist, so blieb er in Wahrheit seinem Wesen nach
doch immer ein Systematiker, der die Iiunstwverke, wie
der Botaniker die Pflanzen, in Klassen und Ordnungen
abteilte. Einen ganz anderen Typus linden wir in Hirt.
Von Anfang; an zog diesen realistischen Menschen das
Individuelle und Charakteristische an; als er 1782 ein